Schlitze und Aussparungen in Mauerwerk: Horizontal, vertikal oder schräg

Schlitze und Aussparungen in Mauerwerk: Horizontal, vertikal oder schräg

Energie, Technik & Baustoffe

Schlitze und Aussparungen in Mauerwerk: Horizontal, vertikal oder schräg

Text: Dr. -Ing. Frank Purtak | Foto (Header): © LEOPICTURES – stock.adobe.com

Zur Installation von Haustechnikleitungen oder Smart Home- Lösungen müssen Wände von Bestandsbauten nachträglich mit Schlitzen und Aussparungen versehen werden. Dies hat Auswirkungen auf den Brand-, Schall- und Wärmeschutz sowie die Statik. Dr. -Ing. Frank Purtak, Geschäftsführer der TragWerk Ingenieure Döking + Purtak GmbH, sowie Mitglied im Deutschen Ausschuss für Mauerwerk e. V. (DAfM), erläutert, worauf beim Schlitzen von Mauerwerkswänden zu achten ist.

Auszug aus:

Herr Dr. Purtak, Sie waren koordinierender Fachautor der DAfM-Richtlinie 2, die die fachgerechte Planung und Ausführung von Schlitzen und Aussparungen in Mauerwerk behandelt. Warum ist diese ein unverzichtbares Nachschlagewerk für Bauingenieure, Tragwerksplaner und Architekten?

In Neu- und Altbauten aus Mauerwerk werden die erforderlichen Haustechnikleitungen vorwiegend in nachträglich hergestellten Schlitzen und Aussparungen verlegt. Die damit verbundene Schwächung der Wände hat Auswirkungen auf deren Tragfähigkeit und bauphysikalischen Eigenschaften. Dieser Umstand ist auch gegeben, wenn Schlitze und Aussparungen bereits bei der Erstellung des Rohbaus durch Anordnung von Formsteinen oder beim Aufmauern der Wand umgesetzt werden. Die Verlegung von Leitungen wird unter dem Stichwort „Smart Home “noch weiter zunehmen, weshalb eine regelkonforme Anordnung von Schlitzen und Aussparungen unabdingbar ist. Die Richtlinie 2 des DAfM fasst die aktuellen Regelungen übersichtlich zusammen und verdeutlicht bestimmte Sachverhalte zusätzlich mit anschaulichen Abbildungen und Diagrammen. Damit ist die Richtlinie ein hilfreiches Nachschlagewerk für alle Fragen rund um die Planung und Ausführung von Schlitzen und Aussparungen in Mauerwerk.

1 | Installationszonen und Vorzugsmaße (im Kasten) für Elektroinstallationen in Räumen (DIN 18015-3). Gilt nicht für Räume mit Arbeitsflächen an Wänden wie z. B. Küchen.
ABBILDUNG: DAFM

2 | Ohne statischen Nachweis zulässige Anordnung von einseitigen horizontalen und schrägen Schlitzen mit einer Schlitzlänge ≤ 1250 mm (grau markierter Bereich) in Mauerwerk.
ABBILDUNG: DAFM

Warum sollte das nachträgliche Schlitzen von Wänden gut geplant und fachmännisch ausgeführt werden?

Schlitze und Aussparungen sind keine triviale Angelegenheit, weil eine fehlerhafte Ausführung wie z. B. zu tiefe und/ oder zu breite Schlitze die Standsicherheit einer Wand beeinträchtigen können. Deshalb sollten Schlitze und Aussparungen geplant werden. Außerdem ist das passende Werkzeug wichtig. Statt zu stemmen, sollte man fräsen, denn nur so wird das Mauerwerksgefüge nicht erschüttert und ein Ausbrechen der Mauersteine vermieden.

Gibt es Unterschiede beim Schlitzen von tragenden Wänden und nichttragenden inneren Trennwänden aus Mauerwerk?

Im Dezember 2019 wurde vom DAfM-Richtlinie 1 „Nichttragende innere Trennwände aus Mauerwerk “veröffentlicht. Nach dieser sind die Angaben des nationalen Anhangs DIN EN 1996-1-1/ NA für die Anordnung von Schlitzen und Aussparungen auch für nichttragende innere Trennwände aus Mauerwerk zu beachten. Grundsätzlich muss für beide Wandarten immer die Standsicherheit gewährleistet sein. Das bedeutet bei nichttragenden Wänden aus Mauerwerk, dass diese auch horizontale statische und stoßartige Lasten nach DIN 4103-1 aufnehmen können müssen.

Wie werden horizontale und vertikale Schlitze in Mauerwerkswänden rechnerisch nachgewiesen?

Durch horizontale und schräge Schlitze in Mauerwerk treten in der Wand zusätzliche Exzentrizitäten auf. Daher sind horizontale und schräge Schlitze ohne rechnerischen Nachweis erst ab einer Wanddicke von 150 mm zulässig. Die Schlitze dürfen dabei mit wenigen Ausnahmen nur einseitig in einem Bereich von 400 mm ober- oder unterhalb der Rohdecke angeordnet werden. Vertikale Schlitze in Mauerwerk ohne rechnerischen Nachweis sind dagegen schon ab einer Wanddicke von 115 mm möglich. Sowohl horizontale und schräge als auch vertikale Schlitze und Aussparungen dürfen nicht beliebig tief ausgeführt werden. Die maximalen Schlitztiefen sowie einzuhaltende Abstände, z. B. der Mindestabstand zwischen vertikalen Schlitzen, sind tabellarisch in der DAfM-Richtlinie 2 ausgewiesen. Zum besseren Verständnis wurden diese Angaben gegenüber der Norm noch durch zahlreiche Abbildungen und Diagramme ergänzt, was dem Anwender die Arbeit deutlich vereinfacht.

3 | Ohne statischen Nachweis zulässige Anordnung von einseitigen horizontalen und schrägen Schlitzen mit einer Schlitzlänge ≤ 1.250 mm (grau markierter Bereich) in Mauerwerk.
ABBILDUNG: DAFM

Inwieweit beeinträchtigen Schlitze den Schallschutz von Mauerwerkswänden?

In der Tat kommt es zu einer Beeinträchtigung des Schallschutzes. Durch Schlitze und Aussparungen wird örtlich die Wanddicke und damit die flächenbezogene Masse der Mauerwerkswand reduziert. Die Wand weist damit an diesen Stellen eine verringerte Schalldämmung auf. Um diesen Einfluss näher bestimmen zu können, sollte eine Wand mit Schlitzen und Aussparungen wie ein zusammengesetztes Bauteil mit Teilflächen unterschiedlicher Schalldämmung betrachtet werden. Die resultierende Direkt-Schalldämmung errechnet sich dann, indem die auf die Gesamtfläche auftreffende Schallenergie durch den Mittelwert der durchgelassenen Schallenergie geteilt wird. Entsprechende Hinweise und ein einfaches Rechenbeispiel enthält die DAfM-Richtlinie 2.

Welche Auswirkungen haben Schlitze und Aussparungen in Mauerwerkswänden auf den Wärme- und Brandschutz?

Da sich große Aussparungen und tiefe Schlitze negativ auf den Wärmeschutz der Gebäudehülle auswirken, sollten Heizungs- und Wasserrohre möglichst nicht in Außenwänden verlegt werden. Horizontale und vertikale Schlitze mit kleineren Abmessungen, wie sie für Elektroleitungen üblich sind, haben dagegen in der Regel keinen Einfluss auf den Wärmeschutz. Schlitze und Aussparungen in Mauerwerkswänden, die nach DIN EN 1996-1-1/ NA bzw. DAfM-Richtlinie 2 ohne gesonderten rechnerischen Nachweis zulässig sind, reduzieren die in den Tabellen im Anhang B von DIN EN 1996-1-2 angegebenen Feuerwiderstandsdauern nicht. Einige wenige einzuhaltende Randbedingungen sind in der DAfM-Richtlinie 2 ausgewiesen.

Richtlinie
Die Richtlinie „Schlitze und Aussparungen in Mauerwerk “kann unter dafm.online/publikationen für 24,90 Euro bestellt werden.

ABBILDUNG: DAFM

Der Autor


Dr. -Ing. Frank Purtak
Dr. -Ing. Frank Purtak engagiert sich als Mitglied im Deutschen Ausschuss für Mauerwerk e. V. (DAfM). Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Geschäftsführer der Trag- Werk Ingenieure Döking + Purtak GmbH ist er Mitglied im DIN NA 005-06-01 AA Arbeitsausschuss Mauerwerksbau

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