Nachhaltiger Holzbau: Gemischtes Doppel

Nachhaltiger Holzbau: Gemischtes Doppel

Realisierte Objekte

Nachhaltiger Holzbau: Gemischtes Doppel

Text: Eva Mittner | Foto (Header): © ZMH/JOACHIM MOHR

Lebenswerter Wohnraum in Stadtnähe – attraktiv gestaltet. Unter diesem Motto wächst derzeit das Neubaugebiet Lettenwald im Ulmer Stadtteil Böfingen fortwährend weiter. Zwei fünfgeschossige Mehrfamilienhäuser in Holzbauweise zeigen beispielhaft die flexiblen Möglichkeiten des Baustoffs Holz für die Entwicklung nachhaltiger Quartiere. Familienfreundliches und zukunftsorientiertes Wohnen standen weit vorne bei den Prioritäten für dieses Bauvorhaben.

Auszug aus:

Eines der Herzstücke des Viertels in Ulm-Böfingen ist die energieeffiziente Wohnanlage in Holzbauweise – geplant von den Architekten Obermeier + Traub aus Ulm. Umgesetzt wurden die Bauten von den Holzbau-Experten der ZimmerMeisterHaus-Manufaktur Gapp Objektbau aus Öpfingen. Entstanden sind die fünfgeschossige Holzbauten auf einem Gebiet von gemischt genutzten Flächen. Die Nähe zur Natur macht das wachsende Gebiet zur beliebten Siedlung.

Architekturwettbewerb

Der aus einem Architekturwettbewerb siegreich hervorgegangene Entwurf wirkt durch seine klare, moderne Architektursprache und punktet zudem mit einem überzeugenden ökologischen Ansatz. Entwickelt wurde dieses besondere Konzept in Zusammenarbeit der Architekten Obermeier + Traub, der Liegenschaftsabteilung sowie der Stadtplanung der Stadt Ulm. Die beiden Gebäude mit einer Grundfläche von 500 m² bieten jetzt großzügige hochwärmegedämmte Wohnungen. Und diese waren bereits nach nur elf Monaten Bauzeit bezugsfertig verwirklicht. Beide Bauten zeichnen sich durch zeitgemäße Architektur mit charakteristischen Flachdächern und besonders großen Balkonen und Terrassen aus. Die optisch vom Boden abgesetzten Baukörper übermitteln die von den Planern gewünschte Leichtigkeit der Gebäude.

Das Ensemble wurde 2015 als erste fünfgeschossige Wohnanlage der Region in der gesunden Holzbauweise realisiert. Die Anlage besteht aus zwei Mehrfamilienhäusern mit unterschiedlichen Grundrissen und insgesamt 20 Wohnungen. Verbunden sind die beiden Gebäude durch eine gemeinsame Tiefgarage.

Die beiden energieeffizienten Wohngebäude im Lettenwald bieten Wohnungen zwischen 61 und 164 m². Damit hat man viele unterschiedliche Wohnbedürfnisse berücksichtigt: Sowohl den geringeren Platzbedarf älterer oder alleinstehender Bewohner sowie den größeren von Familien. Mit bis zu fünf Zimmern sind die Wohnungen für heutige Baustandards im Stadtbereich ungewöhnlich großzügig. Funktionale Grundrisse sowie offene, helle Räume zeichnen die Wohnungen aus. Fußbodenheizung, Parkettböden und 3-fach-verglaste Fenster runden in jeder Wohneinheit die insgesamt hochwertige Ausstattung ab. Die Wohnanlage verfügt über 20 Tiefgaragenstellplätze, die über zwei Personenaufzüge bequem zu erreichen sind. Das ganze Baugebiet wurde durch viele Grünflächen abwechslungsreich gestaltet und bietet zudem eine optimale Anbindung an die Ulmer Innenstadt.

Lageplan
Grafik: OBERMEIER + TRAUB ARCHITEKTEN

Die Loggiaboxen lockern die Fassade auf der Straßenseite auf.
Foto: ZMH/JOACHIM MOHR

Modern und ungewöhnlich

Vorgehängte Loggiaboxen beleben auf spielerische Art den Straßenraum und versinnbildlichen die Vielfalt der Grundrissvarianten der beiden unterschiedlichen Häuser. Durch Grundrisse mit ruhiger Hofseite und abendbesonnter Straßenseite mit flexiblen Grundrissen sind unterschiedliche Wohnformen möglich.

Die Forderungen für den Standard „Effizienzhaus 40“ wurden übertroffen. Die hoch effiziente Dämmwirkung mit einem U-Wert von unter 0,1 W/(m²K) spricht für sich. Das brandschutztechnische Sicherheitsniveau entspricht dem Massivbau.
Grafik: PIRMIN JUNG GMBH

Ein geringer Restenergiebedarf wird vom Fernwärmenetz Ulm bezogen. Fernwärme aus Biomasse mit einem hohen Primärenergiefaktor für Heizung und Warmwassererzeugung ergibt eine besonders günstige CO²-Bilanz.
Foto: ZMH/JOACHIM MOHR

Holz beweist Höchstleistung

Alle Geschosse über der Tiefgarage wurden in Holzrahmenbauweise errichtet und untereinander durch Holzbetonverbunddecken getrennt. Die hohe Masse dieser HBV-Decken übertrifft die Anforderungen an den Trittschall deutlich. Die sichtbaren und unbehandelten Brettsperrhölzer zeigen eine schöne Optik der Decken.

Die hochwärmegedämmten Wände punkten mit einer Stärke von 46,4 cm. Die Ausführung mit einem U-Wert von 0,093 unterschreitet den Dämmstandard eines Passivhauses. Auf diese Weise wird zudem der Flächenverbrauch im Gebäude niedriger. Durch die Kombination der Werkstoffe Holz und Beton werden die Mehrgeschosser zu sog. Hybridbauten.

Ein individuelles Brandschutzkonzept zeigt, dass die baulichen und anlagentechnischen Vorkehrungen sowie getroffene Kompensationsmaßnahmen die bauaufsichtlichen Schutzziele der baden-württembergischen Landesbauordnung erreichen. In der Praxis heißt dies: Mehrgeschossige Holzbauten – besonders in den Gebäudeklassen 4 und 5 – weisen hinsichtlich ihres brandschutztechnischen Sicherheitsniveaus keine Unterschiede zu Bauten aus Stahlbeton oder Mauerwerk auf. Mit der Fachplanung für Tragwerk, Bauphysik, Schall- und Brandschutz betraute man das erfahrene Planungs-Team Pirmin Jung Deutschland.

Das Konzept der Fünfgeschosser ist zukunftsorientiert: Großzügige Grundrisse und bodentiefe Fenster runden das positive Raumbild auch innen ab.
Foto: ZMH/JOACHIM MOHR

Energiekonzept und staatlicher Förderung

Durch die natürliche Atmungsaktivität und die feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften des Holzes entsteht ein überaus positiver Effekt auf die Gesundheit der Nutzer und Bewohner. Kühl im Sommer und warm im Winter – das ganze Jahr über bei geringstem Energiebedarf. Hölzer aus heimischen Wäldern sorgen für kurze Transportwege und weniger CO²-Ausstoß.

Energetisch befindet sich die Wohnanlage in Ulm-Böfingen auf dem höchsten Stand. Eine wichtige Rolle spielen dabei die hochwärmegedämmten Wände und der diffusionsoffene Wandaufbau, der ein gesundes Raumklima begünstigt.

Zudem sind die Wohnhäuser mit einer dezentralen Lüftungsanlage samt Wärmerückgewinnung und einer Photovoltaikanlage ausgestattet. Für Heizung und Warmwasseraufbereitung sind die Häuser an das Fernwärmenetz der Stadt Ulm angeschlossen.

Der im Wohnquartier baulich umgesetzte Energiestandard eines KfW-Effizienzhaus 40 wird von der KfW-Bank gefördert. Etwa durch vergünstigte Kredite für Wohnungskäufer und durch Tilgungszuschüsse. Zudem sparen Wohnungseigentümer durch den hohen Energiestandard ihrer Immobilie langfristig Energie und somit Kosten.

„Das Konzept für das gesamte Areal ist besonders auf zukünftige Anforderungen ausgerichtet“ berichtet Projektleiter Dipl.-Ing. Emanuel Maier. „Nicht nur aus diesem Grund wurde das Grundstück von der Stadt Ulm dafür zur Verfügung gestellt.“ sagt er. Der Baustoff überzeugt auf ganzer Linie. „Durch seine naturbedingte feuchtigkeitsregulierende Eigenschaft steuert Holz das Wohnklima wie von selbst auf ideales Wohlbefinden“, fügt er hinzu. „Wir setzen seit Jahren auf den mehrgeschossigen Holzbau und stellen immer wieder fest, wie stark das Material Holz mit all seiner Bandbreite an Beliebtheit gewinnt. Bei allen Vorteilen sind diese Gebäude zudem nicht wesentlich teurer als konventionelle Bauten.“

Projektdetails


Bauaufgabe
Fünfgeschossiges Mehrfamilienhaus in Böfingen bei Ulm
Investor/Bauherr
Gapp Objektbau GmbH & Co. KG, Öpfingen
Wettbewerb
Architekturwettbewerb
Holzbau
Gapp Holzbau GmbH & Co. KG, Öpfingen, www.gappholzbau.de, www.zmh.com
Bauweise
Holzrahmenbau
Brandschutz
Dehne, Kruse Brandschutz-Ingenieure GmbH & Co. KG, www.dk-brandschutz.de
Fertigstellung
2015
Statik
Pirmin Jung Deutschland GmbH, Sinzig, www.pirminjung.de
Wohnflächen
20 Wohnungen, 61 – 164 m²
Primärenergiebedarf
Haus 1: 12,0 kWh/(m²a)
Haus 2: 11,8 kWh/(m²a)
Energiestandard
KfW 40 mit Fernwärmeanschluss, dezentraler Lüftungsanlage und Wärmerückgewinnung, Photovoltaikanlage
Spez. Transmissionswärmeverlust
Haus 1/Haus 2: 0,30 W/(m²K)
Architektur
Architektur und Städtebau Obermeier + Traub, Ulm, www.obermeier-traub.de
Endenergiebedarf
Haus 1: 30,4 kWh/(m²a)
Haus 2: 30,2 kWh/(m²a)

Nachhaltigkeit am Beispiel der Fünfgeschosser in Lettenwald

  • Einsatz von 300 m³ Holz
  • 3,8 m³ Holzwachstum pro Sekunde in Baden-Württemberg
  • Rohstoff Holz der beschriebenen Wohnanlage wächst in ca. 80 Sekunden.
  • ²⁄³ des nachwachsenden Holzes werden geschlagen.
  • 265 t CO² sind in verbautem Holz gebunden.
  • Bei Verbrennung nach einem Rückbau könnten 55.000 l Heizöl ersetzt werden.

Der Autor


Eva Mittner
Freie Journalistin
Eva Mittner ist Autorin und lebt im Raum München. Nach Festanstellungen als Redakteurin und Pressesprecherin schreibt sie freiberuflich für verschiedene Architekturmedien. Sie hat sich zudem auf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Architekten und Ingenieure spezialisiert.

Eva.Mittner@gmx.de
www.architektur-journalismus.com

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