Flachdachabdichtung: Planungsfehler erkennen und vermeiden

Flachdachabdichtung: Planungsfehler erkennen und vermeiden

Energie, Technik & Baustoffe

Flachdachabdichtung: Planungsfehler erkennen und vermeidena

Text: Arno Forsbach | Foto (Header): © SUNFLOWEREY – stock.adobe.com

Je flacher das Dach, desto besser muss es vor eindringendem Wasser geschützt werden. Geschädigte wissen: Reklamationen kosten Zeit, Geld und Reputation. Wir haben die fünf häufigsten Planungsfehler unter die Lupe genommen und zeigen, wie Sie diese vermeiden können.

Auszug aus:

Flachdächer liegen im Trend. Architekten und Bauherren schätzen besonders die Flexibilität, die das Flachdach mit sich bringt. So werden Wohnräume ohne Schrägen möglich, und auf dem Dach selbst eröffnen sich überdies weitere Nutzungsoptionen. In Zeiten, in denen die verfügbaren urbanen Räume schwinden, die Energiewende voranschreitet und die Kommunen Maßnahmen zur Anpassung der Infrastruktur an die Folgen des Klimawandels ergreifen, bietet das Flachdach praktikable Lösungsansätze für ein ganzes Bündel drängender Zukunftsprobleme. Als Erweiterung des Wohnraums oder Gründach eignet es sich ebenso wie für Solarthermie- oder Photovoltaikanlagen, die exakt auf den Lauf der Sonne ausgerichtet werden können.

Zuverlässig dicht mit guter Planung

Erst mit einer professionell geplanten und ausgeführten Abdichtung des Flachdachs kommen seine Vorteile voll zum Tragen. Ziel muss eine Konstruktion sein, die Niederschlagswasser schnell vom Dach abführt und den wachsenden Belastungen durch Extremwetterereignisse zuverlässig standhält. Unter Einsatz geeigneter, hochwertiger Abdichtungsmaterialien sind Lebenszyklen von 30 Jahren und mehr problemlos möglich. Diese lange Nutzungsdauer setzt allerdings eine fachgerechte Planung der Flachdachabdichtung voraus. Wir haben die fünf häufigsten Fehlerquellen zusammengefasst.

1. Fehlende Maßnahmen zur Aufnahme horizontaler Kräfte

Das statische Zusammenspiel von Unterkonstruktion, Wärmedämmung, Auflast und Abdichtungsart führt zu mechanischen Belastungen der Abdichtungsschicht. Diese Horizontalkräfte können Spannungen, Randspaltenbildung bei Wärmedämmschichten, Falten- und Rissbildung zur Folge haben. Anfällig sind insbesondere Dachränder, Rinnen, Anschlüsse an aufgehenden Bauteilen, Bewegungsfugen, Lichtkuppeln und Durchdringungen. Bei einigen Abdichtungsaufbauten müssen deshalb Vorkehrungen zum Ausgleich dieser Kräfte getroffen werden. Betroffen sind einlagig lose verlegte Abdichtungen, Unterkonstruktionen aus Stahltrapezprofilen und Dachaufbauten ohne schweren Oberflächenschutz und mit Wärmedämmstoffen aus Hartschaum, die mit Klebstoffen mit Nachklebeeffekt (z. B. Kaltbitumenklebstoffe) verklebt sind. Die Sicherung kann durch eine Linienbefestigung mit Metallprofilen oder eine lineare Befestigung mit punktweisen Einzelbefestigungen erfolgen. Dabei müssen mindesten drei Befestiger je Meter gesetzt werden.

Auftretende Horizontalkräfte können u. a. zu Spannungen, Randspaltenbildung bei Wärmedämmschichten, Falten- und Rissbildung in der Abdichtungsebene führen.
FOTO: ARNO FORSBACH

Beispielhafte Detailskizze einer Dichtstofffuge mit zusätzlicher Sicherung durch einen eingelassenen Überhangstreifen
ABBILDUNG: VDD

2. Keine zusätzlichen Maßnahmen an Dichtstofffugen

Flachdächer, die für eine hochwertige Nutzung z. B. als Dachterrasse oder Aufstellen einer Solaranlage vorgesehen sind, müssen nach Anwendungsklasse K2 geplant werden. Für sie gelten strengere Richtlinien: So ist für alle Flachdächer der Anwendungsklasse K2 neben Dichtstofffasen ein zusätzlicher Schutz gegen Hinterläufigkeit obligatorisch. Bewährt haben sich Z-förmige Feuchtigkeitssperren, eingelassene Überhangstreifen oder Z-Profile. Metallüberhangstreifen über Klemmschienen oder -profile erhöhen die Regensicherheit zusätzlich. Gemäß der Flachdachrichtlinie des ZVDH müssen die zusätzlichen Maßnahmen an Dichtstofffugen bei Anschlüssen an Vorsatzmauerwerk, Wärmedämmverbundsysteme, Sichtbeton oder Putzschichten mit Wassereinwirkung erfolgen.

3. Keine ausreichenden Türanschlusshöhen

Ob Schneematsch, Wasserstau, Schlagregen oder Winddruck: Türbereiche stellen sensible Punkte bei der Flachdachabdichtung dar, die besondere Aufmerksamkeit erfordern.

Um das Eindringen von Wasser zu verhindern, sind zwingend ausreichende Türanschlusshöhen einzuhalten. Diese verhindern, dass Niederschlagswasser über die Türschwelle bei üblicher Spritzwasserbeanspruchung, Schneematschbildung, Wasserstau durch verstopfte Abläufe oder bei Vereisung eintritt.

Die Anschlusshöhe der Abdichtung im Türbereich darf die Anschlusshöhe von 15 cm nicht unterschreiten. Gemessen wird dabei an der letzten aufliegenden Schicht. So gilt das angegebene Maß bei Abdichtungen mit Auflast in Form von Bekiesung, Belag oder Begrünung ab Oberkante dieser Schicht. In schneereichen Gebieten oder bei besonderen konstruktiven Situationen – wie z. B. Sheddach-Rinnen – können größere Anschlusshöhen notwendig sein. Bei der Planung des Flachdachs müssen deshalb die Höhen aller verwendeten Materialien, von der Wärmedämmung bis hin zur Kiesschicht, berücksichtigt werden.

Die Mindestanschlusshöhe von 15 cm kann durch zusätzliche Maßnahmen jedoch auf bis zu 5 cm verringert werden. Voraussetzung dabei ist, dass zu jeder Zeit ein einwandfreier Wasserablauf im Türbereich sichergestellt sein muss. Der Einbau einer Entwässerung im Belag unmittelbar vor der gesamten Türbreite kann eine solche Maßnahme sein.

Die Anschlusshöhe der Abdichtung im Türbereich sollte mindestens 15 cm betragen.
FOTO: ARNO FORSBACH

Auch Wandanschlüsse aus folienkaschierten Verbundblechen benötigen ein zusätzliches Schutzprofil, das vor eindringendem Wasser schützt.
FOTO: ARNO FORSBACH

5. Durchdringungen zu dicht beieinander

Architekten wissen: Jedes Flachdach hat räumliche und funktionale Eigenheiten, auf die bei der Abdichtung eingegangen werden muss. Sorgfalt ist besonders bei Dachdurchdringungen (z. B. Rohrleitungen, Lichtkuppeln, Stützen von Geländern oder Abläufen) gefragt. Sie unterbrechen die Homogenität der Abdichtungsschicht und sind deshalb besonders zu beachten. Liegen sie zu dicht beieinander, wird eine fachgemäße Ausführung der An- und Abschlüsse für den Dachdecker schwierig bis unmöglich. Der Mindestabstand der Durchdringungen zueinander von 30 cm (10 cm bei flüssigen Abdichtungsstoffen), gemessen ab der äußeren Begrenzung des Flansches, muss daher bereits in der Planung berücksichtigt werden. Außerdem sollte für An- und Abschlüsse nach Möglichkeit dasselbe Material wie bei der Abdichtungsschicht genutzt oder die Verträglichkeit der Stoffe nach DIN 18531-3 sichergestellt werden. Die DIN 18531 fordert außerdem 50 cm zwischen Aufbauten wie z. B. Lichtbändern, Glasdächern und mit Bahnen ausgekleideten Rinnen.

Materialauswahl und Verarbeitung

Um Planungs- und Verarbeitungsfehler zu vermeiden spielt die Wahl des Abdichtungsmaterials eine wichtige Rolle. Als besonders robust haben sich in der Praxis Bitumenbahnen erwiesen, wobei mehrere Eigenschaften für deren Einsatz sprechen: Bitumenbahnen sind äußerst langlebig, mechanisch belastbar und sehr perforationsfest. Darüber hinaus ist die Verarbeitung im Vergleich zu anderen Abdichtungen eher einfach, und Verarbeitungsfehler minimieren sich deutlich durch die empfohlene doppellagige Verklebung. Zudem altern sie unter Einfluss von UV-Licht nur sehr langsam. Durch den Zusatz von Polymeren erhöht sich die Lebensdauer von Bitumenbahnen zusätzlich. Ist eine Abdichtung sanierungsbedürftig, verlängert sich der Nutzungszyklus durch einfaches Aufschweißen einer zusätzlichen Lage um bis zu 20 Jahre. Voraussetzung dafür ist allerdings auch hier die fachgerechte Verarbeitung der Bahnen.

So besser nicht. Durchdringungen sollten in einem Abstand von mindestens 0,30 m zueinander hergestellt werden. Maßgebend ist dabei die äußere Begrenzung des Flansches.
FOTO: ARNO FORSBACH

Planung ist die Basis und Vorgabe für den Verarbeiter

Wer bereits in der Planung die genannten fünf häufigsten Fehlerquellen umgeht, legt den Grundstein für eine langlebige Abdichtung. Und weil die Qualität einer Abdichtung zudem stark vom Verarbeiter abhängt, liefert eine fundierte Planung die perfekte Basis für die richtige Verarbeitung. Damit ist eine langlebige und funktionstüchtige Flachdachabdichtung zum Vorteil aller Akteure am Bau möglich.

Warten lohnt sich
Die Lebensdauer und Zuverlässigkeit einer Abdichtung ist nicht allein von der fachgerechten Planung und Ausführung abhängig. Die Wartung des Flachdachs spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Denn regelmäßige Inspektionen und Wartungen der Abdichtungsschicht beugen Schäden vor. Bei der Neuordnung der Abdichtungsnorm DIN 18531 im Juli 2017 unterstrich der Normenausschuss seine Haltung, dass es kein Flachdach oder flach geneigtes Dach ohne entsprechende Wartung geben dürfe. Andernfalls drohen etwa Verunreinigungen, Abläufe zu verstopfen oder Anschlüsse zu überspülen.

Hilfreiches Nachschlagewerk
Architekten und Planer, die Fehlern bei Flachdachabdichtungen konsequent aus dem Weg gehen möchten, bieten die  Technischen Regeln – abc der Bitumenbahnen“ eine gute Hilfestellung bei der Planung von Abdichtungen mit Polymerbitumen- und Bitumenbahnen.

ABBILDUNG: VDD

Das Nachschlagewerk enthält zahlreiche Detailskizzen, Abbildungen und Tabellen und kann kostenlos bestellt oder als interaktives PDF heruntergeladen werden: www.derdichtebau.de/abc

Der Autor


Arno Forsbach
Arno Forsbach ist seit 1984 in der Flachdachbranche tätig. Seinen Abschluss als Dachdeckermeister legte er 1992 an der Handelskammer Koblenz ab. Heute ist er unter anderem Mitarbeiter des Ausschusses Technik des vdd (Sitz in Frankfurt).

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