Sichtmauerwerk schützen: Sicherung des Schlagregenschutzes

Sichtmauerwerk schützen: Sicherung des Schlagregenschutzes

Energie, Technik & Baustoffe

Sichtmauerwerk schützen: Sicherung des Sclagregenschutzes

Text: Dipl.-Ing. Christina Sadler-Berg | Foto (Header): © TRYGVE – STOCK.ADOBE.COM

Dem Schlagregenschutz an Fassaden kommt nicht zuletzt aufgrund der öfter und intensiver eintretenden Starkregenereignisse eine immer höhere Bedeutung zu. Um diesen sicherstellen zu können, stehen vielfältige Arten für die Bauausführung zur Verfügung. Jedoch stellen Verblendmauerwerke, die insbesondere in regenreichen Regionen vielfach bewährt hergestellt werden, bereits eine sehr gute Möglichkeit dar, die höchste Kategorie der Schlagregenbeanspruchung zu erfüllen. Voraussetzung dazu bildet allerdings eine sorgfältige Planung und die fach- und sachgerechte Ausführung der Mauerwerke.

Auszug aus:

Die grundsätzliche Einordnung der Schlagregenbeanspruchung ermöglicht DIN 4108-3 [1]. Die Norm regelt in Teil 3 insgesamt drei verschiedene Beanspruchungsgruppen, die Einflüsse aus Wind und Niederschlag, aus der örtlichen Lage sowie der Gebäudeart beschreiben.

Beanspruchungsgruppe I: Geringe Schlagregenbeanspruchung

Diese Beanspruchungsgruppe trifft auf besonders windgeschützte Lagen auch in Gebieten mit größeren Niederschlagsmengen zu.

Beanspruchungsgruppe II: Mittlere Schlagregenbeanspruchung

Diese Beanspruchungsgruppe trifft auf windgeschützte Lagen auch in Gebieten mit größeren Niederschlagsmengen zu. Darüber hinaus sind Hochhäuser und Gebäude in exponierten Lagen in Gebieten enthalten, die aufgrund der regionalen Regen- und Windverhältnisse einer geringen Schlagregenbeanspruchung zuzuordnen wären (z. B. Thüringen, Sachsen und Teile Bayerns).

1 | Wassereindringtest mittels Frank’scher Platte
BILD: CHRISTINA SADLER-BERG

2 | Wassereindringtest mittels Karten’schem Röhrchen
Bild: CHRISTINA SADLER-BERG

Beanspruchungsgruppe III: Starke Schlagregenbeanspruchung

Diese Beanspruchungsgruppe beinhaltet windreiche Gebiete auch mit geringeren Niederschlagsmengen wie z. B. Küstengebiete, Mittel- und Hochgebirgslagen sowie das Alpenvorland. Ferner werden Hochhäuser und Gebäude in exponierten Lagen in Gebieten umfasst, die aufgrund der regionalen Regen- und Windverhältnisse einer mittleren Schlagregenbeanspruchung zuzuordnen wären.

Als oberstes Ziel des Schlagregenschutzes gilt die Begrenzung der kapillaren Wasseraufnahme und die Sicherstellung der Verdunstung innerhalb von Trockenperioden, die auf Regenereignisse folgen. Werden diese Aspekte sowohl bei der Planung wie auch bei der Bauausführung hinreichend berücksichtigt, können Durchfeuchtungsschäden sicher vermieden werden, damit auch ein gleichbleibender qualitativ hochwertiger Wärmeschutz gewährleistet wird.

Hierzu bieten sich die Ausbildung von Außenwandbekleidungen, von Verblendmauerwerken und von Schutzschichten im Konstruktionsinneren von Bauteilen an. Nachstehend sollen Verblendmauerwerke näher betrachtet werden.

Verblendmauerwerke werden durch die zwei unterschiedlichen Bestandteile des homogenen Verblendmauerwerks und der Fugen und Anschlüsse an angrenzende Bauteile charakterisiert. Diese müssen grundsätzlich gut aufeinander abgestimmt sein, sollen Undichtigkeiten vermeiden und Nachhaltigkeit gewährleisten.

3 | Ausgeräumte Verfugung
BILD: CHRISTINA SADLER-BERG

4 | Probeentnahme am Bestand
Bild: CHRISTINA SADLER-BERG

Planung

Die Abstimmung von Materialien ist in der Planung zu berücksichtigen. Es ist sicherzustellen, dass die bauphysikalischen Eigenschaften der Verblendmauersteine und des Fugenmörtels so aufeinander eingestellt werden, dass keine Undichtigkeiten über die Fugenflanken bzw. der sogenannten Kapillarspalten eintreten, indem die Feuchtigkeit aus dem Fugenmörtel durch den Verblendmauerstein aufgesaugt wird und die Verfugung damit nicht haftschlüssig hergestellt werden kann.

Dies ist im Rahmen von Neubaumaßnahmen i. d. R. unproblematisch, da entsprechende Technische Datenblätter mit den notwendigen Angaben zur Verfügung stehen, die Produkte i. d. R. industriell nach vorgegebenen Rezepturen und unter gleichbleibenden Umgebungsbedingungen gefertigt und überwacht werden. Eine hohe Bedeutung kommt der Detailplanung von Neubaumaßnahmen zu. Dies betrifft Bauteildurchdringungen und -abschlüsse ebenso wie Vor- und Rücksprünge, die in der modernen Architektur oftmals derart ausgeprägt sind, dass die einzelnen Steinlagen um 5 mm bis 10 mm ohne Berücksichtigung von Abdeckungen vor- und zurückspringen. Wird hierbei nicht berücksichtigt, dass die dann freiliegenden Oberseiten der Verblendmauersteine über eine andere, i. d. R. offenporigere Oberfläche verfügen als die Kopfseiten, kann es leicht zu Schäden kommen. Diesem Merkmal kann durch Verwendung von Vollsteinen für entsprechend gestaltete Fassadenflächen Rechnung getragen werden. In diesen Fällen sind oftmals gleichzeitig wirtschaftliche Kriterien zu diskutieren, wobei stets zu beachten ist, dass die spätere Sanierung von Durchfeuchtungs- oder Ausblühungsschäden zu höheren Kosten führt, als dies bei direkter Verwendung von Vollsteinen der Fall ist.

Ferner ist die Planung von ausreichenden Überständen und Tropfkanten von ebenso essenzieller Bedeutung wie diejenige von Abdeckungen von Mauerkronen, Brüstungen oder freistehenden Wänden.

Anders sieht dies jedoch bei der Sanierung von Bestandsobjekten aus. I. d. R. kann die stoffliche Zusammensetzung der vorhandenen Materialien nur mit Hilfe von Probeentnahmen und anschließenden labormäßigen Untersuchungen abgebildet werden. In der Schlussfolgerung bildet die sorgfältige und detaillierte örtliche Aufnahme und Untersuchung Grundlage für eine erfolgreiche Sanierung.

So gilt es zunächst den tatsächlichen Schlagregenschutz eines bestehenden Verblendmauerwerks zu prüfen. Die Prüfung mittels Frank‘scher Platte und Karsten‘schem Röhrchen stellen zwar keine genormten Verfahren dar, jedoch haben sich beide Verfahren in der Praxis bewährt, gleichwohl die zur Beurteilung der Messwerte herangezogenen Grenzwerte in der Fachwelt auch kontrovers diskutiert werden (Abb. 1, 2). Sie geben indes einen zumindest orientierenden Hinweis, ob das Verblendmauerwerk Feuchtigkeit abweist, damit einen gewissen Schlagregenschutz bietet oder ob Oberflächenwasser unter Sturmeinwirkung in die Fassade eindringt und zu Feuchtigkeitsschäden führen wird.

Wird bei dieser Untersuchung festgestellt, dass Feuchtigkeit in unzulässigem Umfang in die Fassade eindringt, die Verblendmauersteine jedoch hinreichend dicht sind, besteht die Möglichkeit, die Fugen vollumfänglich zu sanieren. Hierzu ist es erforderlich, die Fugen etwa 15 mm bis 20 mm tief auszuschneiden und auszuräumen (Abb. 3). Dabei ist es von höchster Bedeutung, dass die Steinflanken nicht beschädigt werden. Mit der Beschädigung der Steinflanken wird die Oberfläche gestört, was zu einer veränderten Feuchtigkeitsaufnahme führen würde. Unabhängig vom Probenausbau und den labormäßigen Untersuchungen, bei denen insbesondere auch der Salzgehalt der Verfugung analysiert wird, zeigt die Erfahrung, dass die Anlage von Musterfugen unerlässlich ist. Dabei ist zu beachten, ob bei dem Bestandsobjekt beispielsweise aus Gründen des Denkmalschutzes nur spezielle Baustoffe eingebracht werden dürfen oder ob die technische Zusammensetzung des Fugenmörtels frei wählbar ist.

Bei anderen Bestandsobjekten, die keinen Auflagen des Denkmalschutzes unterliegen, sollten auch restauratorisch vorgegebene, nachgestellte historische Mörtel zwingend vorab beprobt werden.

5 | Herstellung von Musterflächen
BILD: CHRISTINA SADLER-BERG

6 | Vorbereitung eines Sichtmauerwerks für die im rechten Bildteil dargestellte Neuverfugung.
Bild: CHRISTINA SADLER-BERG

Im zuletzt genannten Fall sollten unterschiedliche Fugenmörtel auf einer kleineren, hierzu vorbereiteten Fassadenfläche eingebracht und nach hinreichender Abbindezeit neuerlich beprobt werden. Bei der Bewertung der Proben ist neben der erreichten Schlagregendichtigkeit auch die handwerkliche Möglichkeit zu beachten. So soll darauf hingewiesen werden, dass nicht nur die i. d. R. minutiös eingebrachten Musterfugen von hoher Qualität sein müssen, sondern dass es grundsätzlich auch, mit einem üblichen und vertretbaren Aufwand, möglich sein muss, dieselbe Qualität später auf einer Fassadenfläche zu erzielen, die i. d. R. mindestens mehrere 100 m² aufweist. Das bedeutet, dass die Ausführung im „Uhrmacherhandwerk“ auf der gesamten Fassadenfläche nicht möglich sein wird. Als Beispiel sei die Feuchthaltung der frisch hergestellten Verfugung während der Abbindezeit benannt. Die oftmals vertretene These, die Fläche hierzu mit feuchten Jutesäcken abzuhängen, mag auf einer etwa 1 m² messenden Musterfläche zu hervorragenden Ergebnissen führen, stellt jedoch bei einer größeren Fassadenfläche keine realistische Ausführungsart dar.

Soweit einer der bemusterten Mörtelqualitäten zu einem guten Schlagregenschutz führt, jedoch für die Ausführung unter Umständen eine abweichende Farbgebung gewünscht wird, sollten in jedem Falle neuerliche Testflächen angelegt werden, um sicher zu stellen, dass durch Veränderung der Farbnuance keine Abweichungen der stoffspezifischen Eigenschaften im Hinblick auf die Dichtigkeit entstehen. Das bedeutet, dass auch diese Testflächen neuerlich zu beproben sind.

Bezüglich der Planung von Überständen, Tropfkanten und Abdeckungen sowie ergänzenden Details ist diese für eine Sanierung nach denselben Grundsätzen aufzustellen wie für einen Neubau.

Für die Bauausführung gelten sowohl im Neubaubereich wie auch bei der Sanierung dieselben Grundsätze. Die Verfugung ist vollflächig herzustellen. Es ist zu beachten, dass eine fehlende Vollflächigkeit sich i. d. R. weniger auf die Standsicherheit, denn auf den Schlagregenschutz auswirkt. Hierzu bedarf es einer vollständigen Benetzung der Steinflanken mit Bindemittelleim beim Mauern. Bereits ein Versetzen oder Verrücken des Steins beim Mauern mindert die Bindung oder hebt diese im Extremfall auf. Als Faustregel mag zu beachten sein, dass ein zu steifer oder zu magerer Mauermörtel nicht als kellengerecht gilt. Diese wäre insoweit für die Herstellung einer vollfugigen und haftschlüssigen Vermörtelung ungeeignet.

Weiterhin ist bei der Ausführung der Verfugung eine hinreichende Verdichtung sicherzustellen, die i. d. R. nur durch einen zweilagigen Einbau erreicht werden kann. Die heute nicht zuletzt unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte oftmals gewählte Verfugung im Akkord birgt insoweit ein hohes Risiko, dass die zuvor beschriebene, durchaus zeitintensive Herstellung der Verfugung nicht mit hinreichender Sorgfalt realisiert wird, oder realisiert werden kann. Im Ergebnis ist es auch an dieser Stelle von ausschlaggebender Bedeutung, wirtschaftliche und bautechnische Belange gegeneinander abzuwägen und sachverständig aufeinander einzustellen.

Führt die Prüfung des Bestands zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Fugen, sondern auch die Verblendmauersteine über keinen ausreichenden Schlagregenschutz verfügen, so kann die Möglichkeit einer Hydrophobierung in Erwägung gezogen werden. Hierbei ist allerdings von ausschlaggebender Bedeutung, dass auch für die Herstellung einer wirksamen Hydrophobierung die Verfugung grundsätzlich intakt sein muss. Das bedeutet, dass die Verfugung nach vorheriger Reinigung der Fassade grundsätzlich im Hinblick auf Beschädigungen überprüft werden muss. Etwaige Schäden wie Ausbrüche oder Risse müssen zunächst mit einem geeigneten Mörtel überarbeitet und saniert werden, so dass ein im Wesentlichen homogene Fassadenfläche gegeben ist. Diese ist hiernach unter Berücksichtigung der jeweiligen Herstellervorgaben und -richtlinien aufzubringen.

Bei der Bewertung und Einordnung einer Hydrophobierung gegenüber der zuvor beschriebenen reinen Fugensanierung ist zu beachten, dass diese einer regelmäßigen Überarbeitung bedarf. Sie nutzt sich ähnlich wie ein Anstrich im Laufe der Zeit durch Witterungseinflüsse ab und ist zu erneuern. Demgegenüber ist ein fugensaniertes Verblend- oder Sichtmauerwerk als nachhaltiger einzuordnen, da die zuvor genannte regelmäßige Überarbeitung im Sinne einer flächigen Wartung und Erneuerung entfällt bzw. in erheblich größeren Intervallen fällig wird.

Literatur


[1] DIN 4108-3:2024-03: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung

Die Autorin


Dipl.-Ing. Christina Sadler-Berg
ist als Architektin und ö. b. u. v. Sachverständige für Mauerwerksbau sowohl im Bereich Neubau als auch bei Sanierungen mit und ohne Denkmalschutz tätig.

www.c-berg.de

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