Modulbau in Dresden: Modular und seriell und doch keine „Platte“

Modulbau in Dresden: Modular und seriell und doch keine "Platte"

Energie, Technik & Baustoffe

Modulbau in Dresden: Modular und seriell und doch keine „Platte“

Text: Iris Darstein-Ebner | Foto (Header): © ALHO

Dass der moderne Modulbau eine dem Massivbau mindestens ebenbürtige Bauart mit vielen Vorteilen ist, hat sich unter Bauherren und Planern inzwischen etabliert. In Dresden verwirklichte das Wohnungsunternehmen VONOVIA zwei dreigeschossige Punkthäuser und eine Häuserzeile in ALHO Modulbauweise.

Auszug aus:

Damit auch die Dresdner Bürger ihre Sorge, Modul-Wohngebäude seien nichts anderes als die „neue Platte“ verlieren, legte das Architekturbüro Lorenzen Mayer aus Berlin beim Entwurfsprozess ganz besonders großen Wert auf die stimmige Einbindung der Bauten in den städtebaulichen Kontext. Die Architekten plädierten für eine Architektursprache mit Satteldächern und Grundrissen auch mal abseits des rechten Winkels.

Innerstädtische Brachfläche für Nachverdichtung nutzen

VONOVIA belebt im Umfeld der Reicker/Prohliser Straße im Sinne der innerstädtischen Nachverdichtung eine 10.000 m2 große Grundstücks-Brache neu. Im Rahmen des Bund- und Länderförderprogrammes „Stadtumbau Ost“ war diese bereits im Jahr 2003 nach dem Rückbau mehrerer Plattenbauten entstanden und seither ungenutzt geblieben. Nach der Bereinigung der Fläche von Kellerresten im Erdreich konnte ALHO als Generalunternehmer mit der Erstellung der beiden Punkthäuser und der Häuserzeile beginnen.

Wir fanden den Ansatz, mit Modulbau schnell qualitätsvollen Wohnungsbau realisieren zu können, sehr attraktiv. Schließlich ist dies eine Herausforderung von gesellschaftlich hoher Relevanz“, erläutert Reinhard Mayer vom Architekturbüro Lorenzen Mayer. „Normalerweise geht die Modulbauweise im Entwurfsprozess von der kleinsten skalierbaren Einheit, also vom Modul aus – in Dresden haben wir uns der Aufgabe anders genähert und die Wohnanlage aus den örtlichen räumlichen Gegebenheiten heraus entwickelt. Die so entstandene Gebäude-Figur zusammen mit ALHO zu modularisieren, war ein sehr spannender Prozess.“

Punkthäuser mit „Schlange“

Die beiden dreigeschossige Punkthäuser in der Prohliser Straße mit insgesamt zwölf 3- und 4-Zimmer-Wohnungen vermitteln mit ihren Raumvolumen maßstäblich zwischen der anschließenden gründerzeitlichen Einzelhaus-Bebauung und der neuen Bebauung entlang der Reicker Straße. Diese besteht aus einer viergeschossigen Wohnzeile mit insgesamt sieben separat erschlossenen Einheiten. Unterschiedliche Trauf- und Sockelhöhen lassen die einzelnen Gebäudeeinheiten wie aneinandergereihte Einzelhäuser wirken und die rund 130 m lange Häuserzeile somit kleinteiliger erscheinen. Hier sind 62 2-, 3-, 4- und 5-Zimmer-Wohnungen untergebracht. 29 Wohnungen sind barrierefrei konzipiert. Im Erdgeschoss verfügen die Wohnungen über Gärten, alle anderen haben Balkone mit Blick ins Grüne. Spielflächen sowie Stellplätze für Fahrräder und Pkws befinden sich in den mieterfreundlich gestalteten Außenanlagen.

Kiste mit Flachdach? Modulbau kann viel mehr!

Wann immer Gebäude mit vielen identischen Nutzungseinheiten erstellt werden, ergibt der Einsatz von Moduleinheiten wegen ihrer seriellen Reproduzierbarkeit besonders viel Sinn. Bislang kannte man modular errichtete Gebäude darum meist als kubische Punkthäuser mit flachem Dach, als langgestreckte Flachdachriegel entlang der Straße oder um einen Innenhof herum gruppiert. Dass Stahlmodulbauten auch Grundrisse außerhalb des orthogonalen Rasters bilden und mit Satteldächern versehen sein können, beweisen die Häuser in Dresden. Insgesamt wurden 183 Module im ALHO Werk präzise vorgefertigt. 16 davon wurden parallel zum „normalen“ Modulherstellungsprozess als Sondermodule hergestellt.

Die Satteldächer stellte ein ortsansässiger Zimmermannsbetrieb als Nachunternehmer her. Unter den Dachschrägen konnten großzügige Abstellräume für die Mieter entstehen, die einen Keller entbehrlich machen.

„Eine Architektursprache zu finden, die vom bekannten Bild der Plattenbauten aus DDR-Zeiten deutlich abrückt, war in Hinblick auf die Modulbau-Akzeptanz der Bürger wichtig“, sagt Reinhard Mayer. „Mit den Satteldächern und dem Gebäudeknick konnte ALHO sehr gut zeigen, dass die Modulbauweise auf ganz unterschiedliche Entwürfe anwendbar ist. Das ALHO Modulbau-System verfügt über eine sehr hohe Flexibilität, die deutlich auch das überschreitet, was wir beispielsweise aus dem Beton-Modulbau kennen“, so Mayer weiter. „Im Vergleich zur Holzmodulbauweise ist das ALHO System wiederum leichter zu handhaben, wenn es um den Brandschutz geht.“

Den größten Reiz der Modulbauweise für Architekten sieht Mayer aber klar in der Bauumsetzung: „Die kurze Bauzeit ist ein entscheidender Vorteil, ebenso die Unabhängigkeit von Witterungsverhältnissen. Da die Module unter optimalen Herstellungsbedingungen gefertigt werden, garantieren sie eine hohe Qualität“, erklärt der Architekt. „Vor Dresden hatten wir noch keine Erfahrung mit der Modulbauweise, jetzt wissen wir: Das System kann schon einiges!“

Die Autorin


Iris Darstein-Ebner
architekturkontext, Stuttgart

Mehr aus dieser Ausgabe

Alle Inhalte. Mehr Antworten.

Mit Q+ erhalten Sie sofort Zugriff auf:

✔ alle Inhalte aller vergangenen Ausgaben
✔ alle Inhalte zukünftiger Ausgaben

Jetzt 3 Monate testen!

nur 8€ 3 /Monat
(zzgl. MwSt.)

Jetzt testen

Sie haben bereits einen Zugang?

Icon