Mietwohnungsbau in Kassel: Seriell-modulares Bauen

Mietwohnungsbau in Kassel: Seriell-modulares Bauen

Energie, Technik & Baustoffe

Mietwohnungsbau in Kassel: Seriell-modulares Bauen

Text: Nassauische Heimstätte | Wohnstadt | Foto (Header): © Karsten Socher

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt ist mit knapp 60.000 Wohnungen an 130 Standorten eines der führenden deutschen Wohnungsunternehmen. Im Kasseler Stadtteil Fasanenhof entstehen auf einem 6.600 m² großen Areal derzeit Mietwohnungen, bei denen das Unternehmen erstmals Bäder als Fertigmodule einbaut. Geschäftsführerin Monika Fontaine-Kretschmer stellt uns das Bauprojekt vor und spricht über die Beweggründe, verschiedene Projekte in seriell-modularer Bauweise zu realisieren.

Auszug aus:

Frau Fontaine-Kretschmer, bitte beschreiben Sie uns die Besonderheiten des Wohnbauprojekts „Am Felsenkeller“?

Der Neubau „Am Felsenkeller“ im Kasseler Fasanenhof umfasst 71 Wohnungen in vier Häusern, die den KfW-55-Standard erfüllen. In schöner Lage und mit Blick ins Grüne bauen wir frei finanzierten, dringend benötigten Wohnraum in der Stadt. Die vier Gebäude sind im Wesentlichen identisch. Diese Tatsache macht hier modulares Bauen wirtschaftlich – hauptsächlich, weil wir weniger Planungsaufwand verzeichnen und der Bauprozess standardisierbar ist. Zusätzlich sichert uns die Bauweise eine gleichbleibende Ausführungsqualität und nicht zuletzt auch eine schnellere und frühere Fertigstellung. Denn eine Beseitigung von eventuellen Baumängeln durch einzelne Gewerke ist am Ende nicht erforderlich. Neben den Fertigbädern kommen auch vorgefertigte tragende Bauelemente zum Einsatz. Durch eine sorgfältige Planung können diese nahezu oberflächenfertig verbaut werden. In Kombination mit einem hocheffizienten Dämmsystem erreichen wir auf diese Weise eine besonders flächenoptimierte Bauweise.

Wie ist der aktuelle Baufortschritt?

Den Rohbau haben wir bereits Ende vergangenen Jahres fertiggestellt, die Dächer sind abgedichtet und die Wände weitestgehend gedämmt. Auch die Bäder sind bereits eingebaut. Sie wurden während der Rohbauarbeiten als Module angeliefert und montiert. Aktuell arbeiten in allen Häusern die verschiedenen Ausbaugewerke fleißig an der Fertigstellung: Während wir in einem Gebäude noch die Trockenbauwände stellen, sind wir in einem anderen schon beim Werksteinbelag im Treppenhaus. Das erste Haus wird bereits im Juni fertiggestellt, das letzte soll im Oktober bezogen werden.

Sie haben zum ersten Mal auf die Verwendung von Fertigbädern gesetzt. Was waren Ihre Beweggründe dafür?

In Wohngebäuden gehören die Bäder zu den technisch anspruchsvollsten Räumen, da die Nutzung von Wasser in Innenräumen immer besondere Anforderungen an die Baukonstruktion stellt. In den Nasszellen ist zudem auf einer relativ kleinen Fläche eine Vielzahl von Gewerken beteiligt. Das erfordert stets ein hohes Maß an Koordination und Präzision. Ein „Fertigbad“ hingegen wird industriell vorproduziert. Es wird fix und fertig mit allen Anschlüssen und Leitungen auf die Baustelle geliefert – sogar der WC-Rollenhalter ist bereits montiert. Das minimiert die Fehleranfälligkeit erheblich. Denn: Der Hersteller prüft bereits beim Prototyp genauestens alle Funktionen und Materialien, die in der folgenden Serienproduktion nochmals optimiert werden. Dadurch ist für alle Bäder eine gleichbleibend hohe Qualität garantiert, ohne dass Mehrkosten im Vergleich zur herkömmlichen Bauweise entstehen. Das Einsetzen der fertigen Bäder in den Rohbau reduziert zudem die Bauzeit.

Für welche Art von Fertigbädern haben Sie sich entschieden? Und warum?

Wir haben uns für eine massive Bauweise entschieden, da wir eine sehr hochwertige Ausführung suchten. Die im Hotelbau oft verwendeten Kabinen aus Kunststoff kamen deshalb für uns nicht infrage. Die Tragekonstruktion unserer verbauten Bäder besteht aus ultradünnen faserarmierten Betonplatten. Auf der Baustelle haben wir die gefliesten Nasszellen mithilfe eines Krans in die vorgesehene Position gehoben, danach die Rohr- und Leitungssysteme angeschlossen.

Sind noch weitere seriell-modulare Bauprojekte geplant?

Aktuell bauen wir in Kassel ein zweites Projekt in modularer Bauweise. Bei einem weiteren, jedoch kleineren Bauvorhaben in der Marburger Kantstraße testen wir parallel an zwei Gebäuden, welches zeitliche und finanzielle Einsparpotenzial in diesem Kontext realisierbar ist. Dort bauen wir ebenfalls Fertigbäder ein. Im Gegensatz zum „Felsenkeller“ verfügen sie über großflächige, fugenlose und pflegeleichte Oberflächen. Wir wollen damit aus unterschiedlichen Typen und Konstruktionen die bestmöglichen für unsere zukünftigen Planungen ermitteln und im direkten Vergleich überprüfen, welchen Weg wir weiterverfolgen. Wir evaluieren auch die Anfälligkeit für Reparaturen und damit die Langlebigkeit. Daher beziehen wir die Nutzung der Objekte und die tägliche Bewährungsprobe in der Vermietung in unsere Prüfung mit ein. Es gilt hier, möglichst umfangreich Erfahrungswerte für künftige Projekte zu sammeln.

Welchen Stellenwert nehmen serielle Bauweise und vorkonfektionierte Baumodule in der Unternehmensgruppe ein und wie schätzen Sie dies für die Zukunft ein?

Der Einsatz von Modulen wird sicherlich in der Zukunft verstärkt erfolgen. Gerade dort, wo größere Volumina in Neubaugebieten bewegt werden, bringen Standardisierungen und qualitativ hochwertige industrielle Vorfertigungen durchaus Vorteile. Außerdem stehen diese Produkte für schnellere Abläufe auf der Baustelle mit kürzeren Bauzeiten. Unser Unternehmen errichtet Neubauten vor allem in integrierten innerstädtischen Lagen. Eine vollständige Vorfertigung wird dort kaum umzusetzen sein. Das verbieten bei vielen Projekten die unterschiedlichen Baugrundstücke, die Bebauungspläne und die Wettbewerbsergebnisse im Hochbau. Dennoch wird vielerorts die modulare Bauweise mit ihrer hohen Flexibilität und gleichbleibenden Qualität eine gute Option darstellen, bei geeigneten Grundstückssituationen zügiger in der Realisierung zu sein. Damit kann diese Methodik auch dazu beitragen, unseren Gesellschafterauftrag, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, zu erfüllen. Natürlich sind wir als Bestandshalter auch für die Einhaltung baukultureller Qualitäten verantwortlich, da wir schon immer auf gute Architektur und Gestaltung großen Wert gelegt haben – und das wird auch zukünftig so bleiben.

Ist modulares Bauen auch für bestehende Gebäude nutzbar?

Derzeit arbeiten wir in Frankfurt an unserem aktuell größten seriellen Bauprojekt: Seit September 2020 stocken wir 14 drei- bis viergeschossige Bestandsgebäude mit Holzmodulen auf. So entstehen 82 neue Wohnungen im KfW-40-Standard. Seit März 2021 ergänzen unsere Fachleute fünf Punkthäuser mit fünf Geschossen sogar jeweils um zwei weitere Etagen. Innerhalb von nur drei Monaten ist eine derartige Wohnung bezugsfertig hergerichtet, inklusive Steckdosen und Beleuchtung. In nur rund zehn Monaten entstehen so über 5.000 m² neuer, mit erneuerbaren Energien versorgter bezahlbarer Wohnraum in bester innerstädtischer Lage. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Ohne modulare Bauweise wäre dies in solch kurzer Zeit definitiv nicht umsetzbar.

Welches Einsparpotenzial sehen Sie – besonders im Hinblick auf den geforderten Klimaschutz und günstige Mieten, die die Wohnungswirtschaft nach wie vor in Einklang bringen muss?

Klimaschutz wird auch durch die Dauerhaftigkeit und energetische Qualität der Bauwerke gewährleistet. Je länger ein Gebäude existiert, desto weniger Ressourcen werden für Ersatzbauten verbraucht. Als Bestandshalter investieren wir daher verstärkt in unsere Gebäude der 1950er- und 60er-Jahre und nutzen bei sich bietender Gelegenheit vorhandene Potenziale für modulare Dachaufstockungen. Vorproduzierte Fertigbauteile leisten hierbei einen nachhaltigen Beitrag zum ressourcenschonenden Umgang mit Materialien und dienen somit auch dem Klimaschutz. Ebenfalls nicht außer Acht zu lassen: Serielle Elemente verkürzen die Bauphase und verhelfen den Bauherren zu einem schnelleren Return on Invest. Ebenso profitieren Wohnungssuchende: Durch die reduzierte Bauzeit wird die Lage auf dem Wohnungsmarkt verbessert, da Neubauten zügiger in die Vermietung oder den Verkauf gelangen.

In Frankfurt werden 14 drei- bis viergeschossige Bestandsgebäude mit Holzmodulen aufgestockt.
Foto: LIWOOD SKYCAMERA2020

Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt
Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) mit Sitz in Frankfurt am Main und Kassel bietet seit 100 Jahren umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Bauen und Entwickeln. Sie beschäftigt rund 750 Mitarbeitende. Mit knapp 60.000 Mietwohnungen in 130 Städten und Gemeinden in Hessen gehört sie zu den zehn führenden deutschen Wohnungsunternehmen. Unter der NHW-Marke ProjektStadt werden Kompetenzfelder gebündelt, um nachhaltige Stadtentwicklungsaufgaben durchzuführen. Die Unternehmensgruppe arbeitet daran, ihren Wohnungsbestand in den nächsten Jahren auf 75.000 Wohnungen zu erhöhen und bis 2050 klimaneutral zu entwickeln. Um dem Klimaschutz in der Wohnungswirtschaft mehr Schlagkraft zu verleihen, hat sie gemeinsam mit Partnern das Kommunikations- und Umsetzungsnetzwerk „Initiative Wohnen.2050“ gegründet. Mit hubitation verfügt die Unternehmensgruppe zudem über ein Start-up- und Ideennetzwerk rund um innovatives Wohnen.

www.naheimst.de

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