Dezentral erzeugte Energie für Wohn- und Nichtwohngebäude

Dezentral erzeugte Energie für Wohn- und Nichtwohngebäude

Recht & Steuern

Dezentral erzeugte Energie für Wohn- und Nichtwohngebäude

Text: Dirk Legler | Foto (Header): © EMBEKI – stock.adobe.com

Der Gesetzgeber ist im Bereich der Energieversorgung derzeit sehr aktiv. Es vergeht seit dem sogenannten Osterpaket aus 2022 kaum ein Monat, in dem nicht neue Gesetze oder Verordnungen verabschiedet werden. Die Liste ist lang: Gebäudeenergiegesetz (GEG), Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), CO2-Kosten-Aufteilungsgesetz (CO2KostAuftG) oder AVBFernwärmeV. Auch Solardachpflichten sprießen in immer mehr Bundesländern aus dem Boden.

Auszug aus:

Für die Gebäudewirtschaft ist das eine gewaltige Herausforderung. Zugleich tun sich durch diese neuen Gesetze aber immer wieder auch neue Möglichkeiten und Geschäftsmodelle auf.

Gesetzgeberische Prämisse und Förderlandschaft

Sowohl der Gebäude- als auch der Energiesektor sind massiv zu dekarbonisieren, wie sich primär aus Anlage 2 zu § 4 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) ergibt. Zugleich steigen die Preise für die CO2-Emissionen, und es ist auf europäischer Ebene sogar eine Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf den Gebäudesektor ab 2027 entschieden (sog. ETS II). Der Vermieter kann – je nach energetischem Zustand seines Gebäudes – zudem seit dem 01.01.2023 aufgrund des CO2-Kosten-Aufteilungsgesetzes nur noch Teile der CO2-Kosten der für die Wärmeversorgung seiner Immobilie eingesetzten Brennstoffe an die Mieter weitergeben. Er bleibt also, wenn er den energetischen Zustand seiner Immobilie nicht rasch verbessert, seit Beginn des Jahres auf einem Teil der CO2-Kosten sitzen. Diese CO2-Kosten steigen nach BEHG und TEHG zudem kontinuierlich Jahr für Jahr weiter an.

Dieser ökonomische und rechtsverbindliche Dekarbonisierungszwang wird freilich flankiert durch Förderungen für die Nutzung erneuerbarer Energien – etwa im Rahmen der sog. Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), aber auch durch die neue Vorgabe des GEG, ab 2024 nur noch zukunftsfähige Heizungen auf einer Basis von mindestens 65 % erneuerbaren Energien einbauen zu dürfen. Die gebotenen klimaneutralen Heizungen und E‑Ladestationen (für Elektroautos) werden kostengünstig weitestgehend nur unter Nutzung erneuerbar und zugleich dezentral vor Ort erzeugter Energie betrieben werden können. Die Nutzung des Stroms vor Ort entlastet zudem die Stromnetze. Für das erforderlich zeitnahe und zugleich kostengünstige Erreichen der Klimaneutralität müssen dementsprechend daher gerade viele der neuen Strom- und Wärmeerzeugungsanlagen nicht nur klimaneutral sein, sondern auch deutlich näher an die Energieverbrauchsorte (Wohneinheiten, Industrie- und Gewerbeareale etc.) heranrücken. Immobilieneigentümer müssen ihr Grundstück also ab sofort auch zur klimaneutralen Energieproduktion nutzen.

Bei der Frage, wie dem nachzukommen ist, stößt man indes auf eine Vielzahl an rechtlichen Vorgaben. Am besten unterteilt man die dezentrale Energieversorgung dabei juristisch in die drei Unterebenen: Stromversorgung, Energieeffizienzanforderungen und Wärmeversorgung. Alle drei Ebenen werden durch unterschiedliche Energiegesetze determiniert, sind aber im Rahmen einer klimaoptimal gestalteten Konzeptionierung immer zusammen zu betrachten, erst recht im Zuge neuer Projekte der Sektorenkopplung.

Solare dezentrale Stromversorgung

Bei der dezentralen Stromversorgung stellt sich stets die Frage, welche der staatlich indizierten zahlreichen Stromnebenkosten (insbesondere Netzentgelte, aber auch Konzessionsabgabe, Stromsteuer etc.) zu zahlen sind. Dreh- und Angelpunkt ist dabei insbesondere die Frage, ob die Verteilung des vor Ort erzeugten Stroms bereits über ein Netz der allgemeinen Versorgung im Sinne des Energierechts erfolgt oder noch nicht. Sobald Strom aus einer im Quartier oder auf dem Dach eines Hauses erzeugten Photovoltaikanlage über ein Netz (der allgemeinen Versorgung) verteilt wird, sind zudem umfangreiche Regulierungsvorgaben zu beachten und können monetäre Förderungen nach dem EEG nicht mehr erzielt werden. Für die Immobilienwirtschaft heißt es daher: Will der Eigentümer kein Netzbetreiber werden und will er die staatlich gewünschten Förderungen nach dem EEG erhalten, muss er den Strom über eine Kabelinfrastruktur verteilen, welches partout kein Netz im Sinne des Energierechts sein darf. Dafür kommt derzeit praktisch nur die sog. Kundenanlage in Betracht.

KUNDENANLAGE
Eine solche Kundenanlage (als „Nicht-Netz“) ist nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 24a EnWG aber wiederum nur eine Energieanlage zur Abgabe von Energie, die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befindet, mit einem Energieversorgungsnetz oder mit einer Erzeugungsanlage  verbunden ist, für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutend ist und jedermann zum Zwecke der Belieferung der angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zu Verfügung steht. Das sind sehr unbestimmte und juristisch schwierig zu beurteilende Tatbestandsmerkmale, die der Bundesgerichtshof (BGH) indes ein wenig konkretisiert hat (Beschlüsse vom 12.11.2019, Az. EnVR 65/18 und EnVR 66/18). Danach liegt ein „räumlich zusammengehörendes Gebiet“ i. S. d. § 3 Nr. 24a EnWG immer dann vor, wenn die Energieanlage zur Abgabe von Energie (d. h. die Elektroinfrastruktur, Elektrokabel etc.) den Eindruck der Erschließung eines geschlossenen Gebietes vermittelt. Maßgeblich ist nach Ansicht des BGH, „inwieweit die räumlichen Verhältnisse einen konkreten Bezug zu den Regulierungszielen aufweisen“. Das bedeutet – so der BGH weiter –, dass es ausschließlich darauf ankommt, ob es eine innere Zuordnung der einzelnen Grundstücke zur Anlage gibt. Das von der Energieanlage erfasste Gebiet soll „in dem Sinne räumlich abgegrenzt und geschlossen“ sein, „dass sich innerhalb des durch die Anlage versorgten Gebietes keine Letztverbraucher befinden, zu deren Versorgung weitere Energieanlagen zur Abgabe von Energie eingerichtet oder notwendig“ sind. Hierbei ist es laut BGH dann sogar unschädlich, wenn öffentlich-rechtlich gewidmete Straßen durch dieses mittels der Anlage versorgte Gebiet verlaufen oder in diesem Gebiet vereinzelte Grundstücke über andere Anlagen zur Abgabe von Energie an das Netz angeschlossen sind. Eine Kundenanlage kann damit problemlos durch eine öffentlich-rechtlich gewidmete Straße gekreuzt werden. Der BGH hat für den Kundenanlagenbegriff hierdurch eine sehr objektivierbare „innere“ Zuordnung der Anlage zum Gebiet als ausreichend für die Kundenanlage erachtet. Subjektive Eindrücke einer Zusammengehörigkeit des Gebietes hat der BGH zu Recht als irrelevant angesehen. Die stattdessen maßgeblich auf die innere funktionale Zusammengehörigkeit des Gebietes abstellende Sichtweise führt dazu, dass ein „räumlich zusammengehörendes Gebiet“ i. S. d. § 3 Nr. 24a EnWG nach der Ansicht des BGH im Grunde nur dann zu verneinen ist, wenn es sich um ein zerstückeltes Areal handelt, bei dem die Energieanlage sich über nicht unmittelbar aneinander angrenzende Grundstücke erstreckt, die eher lose zusammenhängen und insbesondere durch mehrere Grundstücke getrennt sind, die über eine oder mehrere andere Energieanlage(n) (bzw. Stromleitungen, wie der BGH an anderer Stelle schreibt) mit Strom versorgt werden.

SCHWELLENWERTE
Auch die neuen vier Schwellenwerte des BGH zur Bestimmung der Bedeutsamkeit für den Wettbewerb i. S. d. Buchstaben c) des § 3 Nr. 24a EnWG begrenzen durch ihr Flächengröße („deutlich über 10.000 m²“) sowie die Zahl der maximal angeschlossenen Letztverbraucher („mehrere Hundert“) oder die jährliche Menge an durchgeleiteter Energie („voraussichtlich deutlich über 1.000 MWh“) klar den extrem auslegungsfähigen Rechtsbegriff der „Unbedeutsamkeit für den Wettbewerb“. Freilich bleibt es auch danach bei dem Erfordernis einer Abwägung im Einzelfall. Dies liegt daran, dass der BGH auch bei Erreichen seiner kreierten vier Schwellenwerte einen Beurteilungsspielraum belässt. Denn nur eine Energieanlage, die alle vier Schwellenwerte überschreitet, kann nur noch „unter ganz besonderen Umständen des Einzelfalls […] als für den Wettbewerb unbedeutende Kundenanlage angesehen werden. Bleibt die Größe der Energieanlage hingegen in mehreren dieser Punkte hinter den genannten Werten zurück, handelt es sich regelmäßig um eine für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutende Kundenanlage.“

Das bedeutet, dass die Konturenlosigkeit des Kundenanlagenbegriffs von der Rechtsprechung deutlich beseitigt wurde und man in der großen Vielzahl der Fälle, in denen man eine Areal- oder Quartiersversorgung mit solarem Strom plant, eine Kundenanlage durchsetzen kann.

EINSPEISEVERGÜTUNG
Was die konkrete Einspeisevergütung in Form des Mieterstromzuschlags angeht, so wurde im zuletzt im Sommer 2022 geänderten § 21 Abs. 3 EEG dazu nunmehr zwar immerhin eine Versorgung innerhalb eines „Quartiers“ erlaubt. Danach kann jetzt der in, auf oder an einem Wohngebäude produzierte Solarstrom auch dann den Mieterstromzuschlag erhalten, wenn dieser Solarstrom „in demselben Quartier“ verbraucht wird. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/25326, S. 12) heißt es hierzu aber lediglich, dass das Quartier „ein zusammenhängender Gebäudekomplex“ sei, „der den Eindruck eines einheitlichen Ensembles erwecke“. Dabei könnten die Gebäude des Quartiers auch auf unterschiedlichen Grundstücken liegen oder durch Straßen getrennt sein, dies aber nur „so lange der Eindruck des einheitlichen Ensembles gegeben ist“. Damit knüpft der Mieterstromzuschlag für dezentral gelieferten Solarstrom weiterhin an ein sehr unbestimmtes und nun zudem in seiner gerichtlichen Kontrolldichte extrem weites Tatbestandsmerkmal an. Insbesondere muss der Solarstrom nicht nur in derselben Kundenanlage, sondern auch im selben Quartier verbraucht werden. Damit bleibt es bei einer zusätzlichen Hürde für den solaren Mieterstrom. Immerhin hat das Bundeswirtschaftsministerium mit seiner sog. „Photovoltaik-Strategie“ am 10.03.2022 aber angekündigt, den Mieterstromzuschlag zukünftig nicht mehr nur zu gewähren, wenn die entsprechende Solardachanlage auf einem Wohngebäude errichtet wird, sondern auch dann, wenn sie auf überwiegend oder ausschließlich gewerblich genutzten Gebäuden oder Nebenanlagen (Garagen etc.) installiert wird. Das ist gerade vor dem Hintergrund der diversen Solardachpflichten, wie sie mittlerweile einige Bundesländer vorschreiben, sehr zu begrüßen. Auch auf Bundesebene hatte die Ampel-Koalition bereits im Koalitionsvertrag eine bundesweite Solarpflicht für Photovoltaik auf gewerblichen Neubauten angekündigt, sodass die Erweiterung des Mieterstromzuschlags nach EEG auch auf Gewerbeimmobilien nur konsequent und richtig ist.

Essenziell für die Wirtschaftlichkeit dezentraler Stromversorgungslösungen ist schlussendlich die Befreiung von der Stromsteuer. Die Stromsteuer wird als sog. Verbrauchsteuer in Deutschland zwar grundsätzlich immer auf jede Kilowattstunde hier verbrauchten elektrischen Stroms fällig. Hiervon sieht § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG aber eine Befreiung vor, wenn der Strom aus Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 MW aus erneuerbaren Energien stammt und sodann „im räumlichen Zusammenhang“ dieser Anlagen vor Ort verbraucht wird. Was insoweit unter einem „räumlichen Zusammenhang“ i. S. d. Stromsteuerrechts verstanden wird, wird außerdem durch die Durchführungsvorschrift des § 12b Abs. 5 StromStV für den Rechtsanwender erfreulich klar und verbindlich konkretisiert, und zwar indem es pauschal auf alle Stromverbrauchsstellen in 4,5 km Entfernung um die dezentrale Stromerzeugungsanlage erstreckt wird. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) hatte zuvor entschieden, dass angesichts der zulässigen Gesamtgröße der Stromerzeugungsanlage von 2 MW zu beachten sei, dass daraus ca. 2.000 bis 3.000 Haushalte versorgt werden könnten, sodass in diesem Radius keine Zweifel am „räumlichen Zusammenhang“ und damit der Stromsteuerfreiheit bestünden (BFH, Urt. v. 20.04.2004 – VII R 54/03).

Nach alledem kann bei Beachtung bestimmter rechtlicher Determinanten durchaus eine Wirtschaftlichkeit dezentraler Stromversorgungslösungen erzielt werden.

Energieeffizienzrecht

Geht man über die reine dezentrale Stromversorgung hinaus und betrachtet die Anforderungen, die das Energieeffizienzrecht an Neubauten stellt, so zeigt sich, dass der Gesetzgeber im Gebäudeenergiegesetz (GEG) in § 107 für den Bereich der Wärmeversorgung ebenfalls den Begriff des Quartiers in den Gesetzestext selbst aufgenommen hat und für „Gebäude in räumlichem Zusammenhang“ ebenfalls Möglichkeiten geschaffen hat, die Nutzung erneuerbarer Energien in allen ihren Erfüllungsoptionen gemeinsam im Quartier zu erfüllen. Das gilt auch für die neugeschaffene 65- %-EE-Vorgabe. Was sodann die Anrechenbarkeit von vor Ort erzeugtem Solarstrom auf das Anforderungsniveau zur Errechnung des Primärenergiebedarfs und -faktors nach § 22 und § 23 GEG angeht, so wird dies indes weiterhin nur gewährt, wenn der Strom „im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang“ erzeugt wird (vgl. § 23 Abs. 1 Nr. 1 GEG). Die EnEV (also die Vorgängerregelung zum GEG) hatte hier (zu dessen § 5) indes ein durchaus weites Verständnis dieses Begriffspaars für das Energieeffizienzrecht gefunden, und zwar ein sogar auch weiteres Verständnis als insbesondere das EEG zu der in diesem Gesetz gleichermaßen vom Wortlaut identisch genutzten Wortgruppe. Der Begriff „unmittelbar“ wurde daher im Energieeffizienzrecht stets mit Blick auf die konkreten örtlichen Verhältnisse ausgelegt. Ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang wurde deshalb im Rahmen des § 5 EnEV z. B. in einem Bereich mit großen Grundstücken und aufgelockerter Bebauung auch bei einem größeren Abstand zwischen dem zu versorgenden Gebäude und der erzeugenden Anlage durchaus noch bejaht. Dies spricht dafür, dass die bisherige Auslegung des Begriffes „im unmittelbaren Zusammenhang“ aus dem mittlerweile aufgehobenen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnEV für die §§ 22 und 23 GEG gleich bleiben soll und man damit nach dem Energieeffizienzrecht weiterhin sehr gut für ein umfassendes Verständnis der solaren Quartiersversorgung argumentieren kann.

Recht der dezentralen Wärmeversorgung

Will man die Solarenergie zudem für eine Objekt-, Quartiers- oder Nahwärmeversorgung (im Contracting) nutzen, also mittels eines gewerblichen Wärmeversorgungsunternehmen für einen anderen (also seinen Kunden) Wärme in seinen Heizanlagen produzieren und diese Wärme nicht über ein großes Ferndewärmenetz von mehreren Kilometern Ausmaß an eben diesen Kunden liefern, so ist mit der nun anstehenden Novelle des GEG – sowie den Förderbedingungen nach BEG – zu beachten, dass man zwischen einem sog. „Gebäudenetz“ und einem „Wärmenetz“ unterscheiden muss. Das „Gebäudenetz“ ist ein Netz von bis zu 16 Gebäuden oder bis zu 100 Wohneinheiten, während das „Wärmenetz“ größer sein muss. Das ist deswegen relevant, weil die neue 65- %-EE-Vorgabe nur für einzelne Heizanlagen und „Gebäudenetze“ greift. Heizungsanlagen, die Wärme in ein Netz einspeisen, das zur Versorgung von mindestens zwei bis maximal 16 Gebäuden oder bis zu 100 Wohneinheiten dient, unterfallen damit jeweils bzw. als Gesamtsystem direkt der neuen 65- %-EE-Vorgabe nach GEG. Die Grenze mit bis zu 100 Wohneinheiten gilt dabei indes nicht für ein einzelnes Gebäude, da ein Netz die Verbindung von mindestens zwei Gebäuden voraussetzt. Zudem ist die Grenze von 100 Wohneinheiten nicht auf Gewerberäume übertragbar. Für reine bzw. überwiegend Gewerbeimmobilien gilt daher nur die Grenze von bis zu 16 Gebäuden.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die sog. Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) in der Regel immer dann gilt, wenn ein Wärmelieferunternehmen allgemeine Versorgungsbedingungen, also Musterverträge, gegenüber seinen Kunden verwendet. Das gilt auch bei solarer Wärmeversorgung im Quartier oder im Objekt und auch dann, wenn man aus einer Wärmepumpe Wärme liefert. Abweichungen von der AVBFernwärmeV können nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam zwischen Lieferant und Kunde ausgehandelt und vereinbart werden. Auch wenn diese Verordnung von ihrem Namen her an sich auf die „Fernwärme“ zielt, unterscheidet die AVBFernwärmeV dabei nicht zwischen demjenigen, der über ein großes Fernwärmenetz seine Wärme liefert, und demjenigen, der dies aus z. B. einer Heizanlage im Keller (oder Dachboden) des versorgten Gebäudes tut (sog. Objekt- oder Anlagen-Contracting bzw. Energieliefer-Contracting). Denn der Bundesgerichtshof hat hierzu schon im Jahre 1989 klargestellt, dass es aus Sicht der AVBFernwärmeV keine Unterscheidung gibt zwischen einerseits Fernwärme mit großen Netzen sowie andererseits Nahwärme oder Wärmelieferung in Einzelgebäude (BGH, Urt. v. 25.10.1989 – VIII ZR 229/88). Die AVBFernwärmeV gilt vielmehr grundsätzlich für alle Fälle der gewerblichen Lieferung von Wärme (BGH, Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 262/09). Komplizierte Abgrenzungsfragen, ob nun ein „räumlich zusammengehörendes Gebiet“ versorgt wird oder nicht, stellen sich hier also grundsätzlich nicht.

Fazit

Auch wenn es im Energieeffizienzrecht und bei der Versorgung mit solar produziertem Strom oder solar produzierter Wärme jeweils ganz unterschiedliche gesetzliche Vorgaben gibt, so zeigt sich doch, dass der Gesetzgeber eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten für eine dezentrale solare Direktversorgung bereithält. Damit kann die Gebäudeeigentümerin oder der Gebäudeeigentümer die gesetzlichen Dekarbonisierungsvorgaben umsetzen und vielfältig gestalten, sei es selbst oder mittels Vertragspartnern, die als „Enabler“ fungieren. Sogenannte Energiedienstleister (EDL) können hier unterstützen, die Vielzahl der neuen Vorgaben gerade aus dem novellierten Gebäudeenergiegesetz – mit seiner neuen 65- %-EE-Vorgabe an Heizanlagen und Gesamtsysteme – zu erfüllen. Das Recht ermöglicht solchermaßen dezentrale, erneuerbare Geschäftsmodelle. Was auf dem Weg hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung im Jahr 2045 auch dringend geboten ist. Zu wünschen bleibt freilich eine weitere Vereinfachung der Regulatorik.

Der Autor


Rechtsanwalt Dirk Legler
Dr. Dirk Legler hat sich seit 2003 auf Umwelt- und Energierecht spezialisiert. Er ist Partner der Kanzlei Günther in Hamburg. In seiner täglichen Arbeit steht vor allem die umfassende, auch konzeptionelle Rechtsberatung zu allen Themen der dezentralen Wärme- und Stromversorgung aus erneuerbaren Energien im Vordergrund. Dr. Legler berät in erster Linie Immobilieneigentümer und Projektentwickler.

www.rae-guenther.de

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