Öffentlich geförderter Wohnraum: Modulbauweise

Öffentlich geförderter Wohnraum: Modulbauweise

Energie, Technik & Baustoffe

Öffentlich geförderter Wohnraum: Modulbauweise

Text: Iris Darstein-Ebner | Foto (Header): © ALHO

In Dreieich hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft DreieichBau AöR zusammen mit ALHO zwei Wohngebäude in Modulbauweise errichtet und dabei alle Vorteile des nachhaltigen Bausystems genutzt: Schnelligkeit, hohe Qualität, Individualität und saubere und leise Baustellen.

Auszug aus:

Dreieich – rund 30 km von Frankfurt am Main entfernt – ist mit über 42.000 Einwohnern die zweitgrößte Kommune des Landkreises Offenbach. Um die Wohnraumversorgung für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu verbessern, wurde 2017 die Wohnungsbaugesellschaft Dreieich- Bau AöR als 100 %ige Tochter der Stadt gegründet. Im Stadtgebiet von Dreieich sollen in den kommenden Jahren rund 400 vorzugsweise öffentlich geförderte, bezahlbare neue Wohnungen entstehen – hochwertig gestaltet und nachhaltig gebaut. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, setzt die DreieichBau vermehrt auch auf die moderne, schnelle Modulbauweise.

Gute Modulbau-Erfahrungen

Nach zwei Kindergartenprojekten und einem Wohngebäude für Obdachlose in ALHO Modulbauweise hatten die Stadt Dreieich sowie die DreieichBau genug gute Erfahrungen mit dem hochwertigen Bausystem gesammelt, um sich nun auch an den Bau modularer Wohngebäude zu wagen. Dafür stand das ehemalige Opel-Gelände an der Hainer Chaussee zur Verfügung – ein Grundstück perfekt geeignet für die innerstädtische Nachverdichtung. Insgesamt vier Baufelder wurden dort für Wohnzwecke erschlossen. Baufeld 3 und 4 standen mit 5.271 m² für insgesamt 37 Wohneinheiten verteilt auf zwei Gebäude zur Verfügung. Diese sollten zu 80 % gefördert und zu 20 % frei finanziert werden.

Als Mitglied des Verbandes der Wohnungswirtschaft Südwest ist die DreieichBau unter dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, GdW, organisiert und konnte das Projekts daher in Anlehnung an den 2018 geschlossenen GdW-Rahmenvertrag zum seriellen Bauen vergeben. Dirk Böttcher, technischer Vorstand der DreieichBau AöR, erläutert den Vergabe-Prozess folgendermaßen: „In einem strukturierten Workshop-Verfahren haben wir mehrere Unternehmen aufgefordert, Konzepte innerhalb eines vorgegebenen Kostenrahmens für die Bebauung auf dem ehemaligen Opel-Gelände in Dreieich vorzulegen. In einem anschließenden Verhandlungsverfahren wurde der Wettbewerb dann für die Firma ALHO als Mindestbieter mit Koschany + Zimmer Architekten als Entwurfs-Partner entschieden.“

Vitaler Wohnungsmix

Der Entwurf von Koschany + Zimmer Architekten (KZA) basiert auf dem zusammen mit ALHO entwickelten und vom GdW in die Rahmenvereinbarung aufgenommenen modularen Baukasten-System. Dieses besteht aus einem Kanon unterschiedlicher Modultypen mit einem Seitenverhältnis von 1 : 2 in der Mindestgröße von 3,75 × 7,515 m, die beispielsweise einen Wohnraum und eine Küche, ein Schlafzimmer mit Flur oder ein Kinderzimmer plus Bad beinhalten. Aus dieser Grundriss-Matrix werden maßgeschneidert für den jeweiligen Standort und nach Vorgabe des gewünschten Wohnungsschlüssels die Wohnungen konfiguriert. Im Anschluss entsteht aus diesem individuellen Wohnungsmix und an die städtebaulichen Vorgaben angepasst das Haus.

Für die Situation in Dreieich konzipierten KZA entlang der Hainer Chaussee zwei dreigeschossige Gebäude die einen vitalen Wohnungsmix bereitstellen: insgesamt 37 barrierefreie – teilweise auch rollstuhlgerechte – Ein- bis Fünf-Zimmerwohnungen mit Größen zwischen 51 und 102 m². Die Planungs- und Bauzeit dauerte für beide Gebäude zusammen – inklusive eines viermonatigen Zeitraums zur Erteilung der Baugenehmigung – gerade einmal 16 Monate.

Vor- und Rücksprünge an den Außenwänden sowie Hell-Dunkelkontraste bei der Putzgestaltung geben den Baukörpern zusätzlich räumliche Tiefe.
FOTO: ALHO

Fenster und Balkone folgen der inneren Organisation im flexiblen Modulbaukasten, bei dem gleiche Wohnungstypen nicht streng übereinander positioniert werden müssen.
FOTO: ALHO

Grundrissfreiheit auf jeder Etage

Mit der freitragenden Konstruktion der ALHO Raummodule sind Raumgrößen und Grundrisse unabhängig voneinander auf jeder Etage individuell planbar. Diesen Vorteil nutzen KZA sehr kreativ, um innerhalb der Gebäude flexibel auf die unterschiedlichen Wohn- und Grundrissanforderungen einzugehen und die Etagen abwechslungsreich zu gestalten. Dabei orientiert sich das Raumangebot für Singles, Paare und Familien genau am Bedarf vor Ort: „Die vom Land Hessen vorgegebenen Richtlinien für geförderten sozialen Miet-Wohnungsbau mit genauen Flächenvorgaben für die einzelnen Wohnungsgrößen wurden von den Architekten exakt eingehalten“, bestätigt Architekt und Vorstand der Dreieichbau AöR, Dirk Böttcher. „Dennoch konnte mit offenen Küchen, fließend ineinander übergehenden Raumverbänden sowie bodentiefen Fensterflächen in allen Wohn- und Schlafräumen eine helle und großzügige Wohnqualität erreicht werden.“

Die Wärmeversorgung des neuen Wohnquartiers mit 100 Wohnungen erfolgt über ein Nahwärmeversorgungsnetz mit einem Blockheizkraftwerk der Stadtwerke Dreieich. Überschüssig erzeugte Energie soll dafür genutzt werden, um das Wasser des nahegelegenen städtischen Freibads zu erwärmen. 255 Solarmodule auf den Dächern der Gebäude erzeugen grünen Strom, der im Rahmen eines Mieterstrom-Contractings den Mietern zum Kauf angeboten wird, – sofern diese es wünschen.

Hochwertig, abwechslungsreich und doch bezahlbar

Die besondere Flexibilität im Innern der Gebäude erschließt sich dem Betrachter bereits an den Fassaden: Da beim Modulbau die Fenster und Balkone nicht wie sonst aus statischen Gründen stringent übereinander angeordnet werden müssen, platzierten die Architekten sie – der inneren Organisation folgend – entsprechend frei an der Fassade. Außerdem kam ein neues Balkonsystem zum Einsatz, bei dem die geräumigen Freisitze nicht als separate Trag-Konstruktion dem Baukörper vorangestellt werden, sondern an einer filigranen Stahlkonstruktion der Fassade – mal hier, mal da – direkt angehängt wurden. Auf diese Weise entstand ein sehr lebhaftes, abwechslungsreiches und spannungsvolles Fassadenbild.

Vor- und Rücksprünge an den Außenwänden sowie Hell-Dunkelkontraste bei der Putzgestaltung geben den Baukörpern zusätzlich räumliche Tiefe: „Entscheidend für die Zukunft des modularen Bauens im Wohnungsbau wird sein, dass Modulbauweise nicht mit belangloser, repetitiver Architektur in Verbindung gebracht wird“, erklärt Axel Koschany. „Darum werben wir sehr dafür, dass sich die Architekten dem Thema widmen und dafür sorgen, die große Qualität und Flexibilität der Modulbauweise sowohl im Grundriss als auch an der Fassade sichtbar zu machen“.

Weitere Informationen unter: www.alho.com

Die Autorin


Iris Darstein-Ebner
architekturkontext, Stuttgart

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