Im Gespräch mit Axel Schmidt: Flexible Zutrittssteuerung

Im Gespräch mit Axel Schmidt: Flexible Zutrittssteuerung

Im Gespräch mit Axel Schmidt

Flexible Zutrittssteuerung

Text: Julia Ciriacy-Wantrup | Foto (Header): © SALTO SYSTEMS

Axel Schmidt

FOTO: BHE

Aufgrund ihrer Vorteile, etwa bei der Vergabe von Schließberechtigungen oder Mieterwechseln, gewinnt der Einsatz von elektronischen Schließanlagen zunehmend an Bedeutung. Cloudbasierte Lösungen bieten dabei eine besonders flexible Handhabung. Wir sprechen mit Axel Schmidt, Vorstandsvorsitzender des BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e. V., über die technischen Voraussetzungen und Komponenten, aber auch Herausforderungen bei der Verwendung von Cloudbasierter Schließtechnik.

Auszug aus:

Herr Schmidt, welche Vorteile bringen elektronische Schließanlagen mit sich?

Wir sollten eher den Begriff Zutrittssteuerung oder -kontrolle verwenden. Heutzutage sind wir fast schon wieder aus der Epoche der elektronischen Schließanlage raus. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat uns von der mechanischen über die elektronische Schließanlage bereits in die gebäudeübergreifende Zutrittslösung gebracht. Um auf Ihre eigentliche Frage zurückzukommen, wir können mit den aktuellen Lösungen für jede einzelne Tür entscheiden, wer wann und wo den Zutritt erlangt. Ein verlorener mechanischer Schlüssel führt zu Sicherheitslücken im System, ein verlorenes Zutrittsmedium als Karte, Anhänger oder in sonstiger Form hingegen kann sofort gesperrt und ersetzt werden. Es birgt nur so lange ein Risiko, bis der Verlust bemerkt wird. Zudem können die Zutrittsberechtigungen örtlich und zeitlich eingeschränkt äußerst flexibel vergeben werden. Zutrittsmedien lassen sich auch nicht, wie mechanische Schlüssel, von jedermann kopieren.

Welche Möglichkeiten eröffnen sich zusätzlich bei der Verwendung einer Cloud-basierten Lösung und für welche Zwecke ist sie besonders gut geeignet?

Die Cloud-basierte Zutrittslösung hat viele Vorteile und ist deshalb gerade für den Wohnungsbau bestens geeignet. Eine Wohnungsbaugesellschaft besitzt meist eine ganze Menge von Häusern und Wohnungen. Bei der Verwaltung dieser Objekte, ob zentral oder dezentral, stoßen herkömmliche mechanische, aber auch elektronische Schließanlagen meist an ihre Grenzen, da es nahezu unmöglich ist, die verschiedenen Häuser und Schließanlagen in einem System und einem PC-Server zusammenzuführen. Nutzer, die Zutritt zu mehreren Häusern haben, wie z. B. Haustechniker, Versorger oder Entsorger, müssen mit einem ganzen Bund an Schlüsseln oder Zutrittsmedien rumlaufen. Anders sieht es bei der Cloud-basierten Systemlösung aus. Hier kann der Betreiber über alle Liegenschaften hinweg alle Rechte verwalten, steuern und nur mit einem Medium alle Türen öffnen. Auch die Mieter und Eigentümer profitieren von dieser Flexibilität sowie den vielseitigen Schnittstellen zu anderen Systemen, wie etwa Fahrradboxen oder Waschmaschinensteuerungen.

Wie funktioniert diese Systemlösung und welche technischen Voraussetzungen sind erforderlich?

Jede der Immobilien wird über einen Router/ Gateway in das Telekommunikationsnetz bzw. das Internet eingebunden und so zur Cloud verbunden. Im Gebäude wird üblicherweise ein funkbasiertes Netzwerk errichtet, über das sich die Türkomponenten wie elektronische Zylinder und Beschläge, aber auch Online-Türcontroller oder die Türkommunikation mit den Routern/ Gateways verbinden. Je nach Hersteller kann auch durch die Online-Vernetzung einzelner Türen ein funktionsfähiges Gesamtsystem aufgebaut werden. Dies eröffnet die Möglichkeit, eher abgelegene Bereiche im Gebäude, wie beispielsweise Kellerräume oder Fahrradschuppen, auch offline zu betreiben. Über diese Gesamtstruktur kann Fremdfirmen und Dienstleistern Zutritt zu bestimmten Zeiten und definierten Tagen gewährt werden, ohne einen mechanischen Schlüssel aus der Hand geben zu müssen. Des Weiteren können Zutrittsrechte auch auf dem Smartphone hinterlegt werden, was gleichermaßen Komfort und Sicherheit bietet. Eine Überführung der Mieterdaten und -rechte aus anderen Systemen mittels einfacher Schnittstellen erleichtert die Verwaltung des Systems.

Welche Anforderungen an die Datensicherheit müssen bei der Verwendung einer Cloud-Software besonders beachtet werden?

Die Cloud-Anwendung sollte allen gängigen Sicherheitsnormen entsprechen, wie z. B. der EN 27001, Cybersecurity-Richtlinien und natürlich datenschutz- und mietrechtskonform sein. Ich denke, dass heute fast alle Cloud-Betreiber und alle renommierten Zutrittsanbieter im Cloud-basierten Umfeld ein höheres Sicherheitsniveau erreichen als herkömmliche Serverinstallationen. Durch Updates und Aktualisierungen wird die Cloud-basierte Software in höchstem Maße gegen Bedrohungen von außen geschützt.

Etwas überspitzt formuliert: Wird es in 30 Jahren bei Neubauten noch herkömmliche, mechanische Schlüssel geben? Wie sehen Sie die Entwicklung für die Zukunft?

Nein. Wir sehen einen derart starken Trend zur Digitalisierung auch im privaten Wohnungsbau, dass der mechanische Schlüssel nur noch vereinzelt zum Einsatz kommen wird. Das wird auch nicht erst in 30 Jahren der Fall sein, sondern schon viel früher. Im Prinzip kann man das mit dem Fortschritt beim Auto vergleichen. Aus dem herkömmlichen Autoschlüssel wurde in den letzten 20 Jahren erst die Funkfernbedienung, heute sind wir beim berührungslosen Öffnen angelangt. Im Hotelbereich sind wir bei nahezu 100% elektronischen Schlössern angelangt. Im Nichtwohnungsbau wird bei Neubauten fast ausnahmslos mit Zutrittssteuerung geplant, und auch im Wohnungsbau wird diese Elektronik in der Planungsphase zumindest diskutiert und schon vielfach umgesetzt. Zwar nicht an jeder Wohnungsabschlusstür, aber an allen Gemeinschafts- oder Verwaltungstüren. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der elektronische Schlüssel in 30 Jahren noch aktiv sein wird oder ob bereits dessen Ablösung den Markt erobert hat. Biometrie wird hier eine größere Rolle spielen als in der klassischen Zutrittssteuerung. Es bleibt sehr spannend!

Das Gespräch führte Julia Ciriacy-Wantrup.

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