Wohnsiedlung Salucci-Höfe in Esslingen: Ein Quartier für alle

Wohnsiedlung Salucci-Höfe in Esslingen: Ein Quartier für alle

Realisierte Objekte

Wohnsiedlung Salucci-Höfe in Esslingen: Ein Quartier für alle

Text: Alexandra Busch | Foto (Header): © PALLADIUM

Auf einem Grundstück mit räumlichen und strukturellen Herausforderungen entstand eine Wohnanlage für alle Generationen und Einkommensschichten. Die Salucci-Höfe in Esslingen-Weil setzen sich aus einem winkelförmigen Mehrgeschosser, Reihenhäusern und Stadthäusern zusammen, ergänzt durch öffentliche Freiflächen. Um hohe Schallschutzanforderungen zu erfüllen, aber auch, um den wirtschaftlichen und raschen Baufortschritt zu sichern, kamen in erster Linie KS‑Rasterelemente für die verschiedenen Baukörper zum Einsatz.

Auszug aus:

Alle Inhalte des Beitrags auf einen Blick:

  • Mangel an bezahlbarem Wohnraum
  • Wohnungsbauprojekte im Stuttgarter Raum
  • Bebauung des ehemaligen Sportplatzes in Esslingen
  • Städtisch gefördertes Wohnen, barrierefreie Appartements, bezahlbare Mietwohnungen
  • Lärmschutz mit Wohnkomfort

Überall in Deutschland mangelt es an bezahlbarem Wohnraum, Esslingen am Neckar ist dabei keine Ausnahme. Dazu gehört die Stadt noch zum Ballungsraum Stuttgart, sodass Wohnungsbauprojekte stets willkommen sind. Doch Esslingen möchte mit dem neuen Quartier für rund 500 Bewohner ein weiteres Thema angehen: die fehlende Identität der dorfähnlichen Siedlung Weil. Die vierspurige Bundestraße 10 bildet eine räumliche Grenze zwischen Weil und den anderen Stadtteilen Mettingen und Brühl. Auch ein Ortskern als zentraler Treffpunkt für die Bürger ist nicht vorhanden. Für die meisten Menschen der Region ist Weil vor allem wegen des riesigen Einkaufszentrums „Neckar-Center“ bekannt. Der Königliche Pavillon, erbaut Anfang des 19. Jahrhunderts von dem italienischen Architekten Giovanni Salucci, oder die historischen Gestütsgebäude sind nur wenigen ein Begriff. Bereits 2006 erarbeitete Esslingen daher einen städtebaulichen Rahmenplan mit dem Ziel, Weil zu einem attraktiven Wohnstandort auszubauen und die Vernetzung mit den angrenzenden Stadtvierteln zu stärken. Auf dieser Grundlage wurde 2015 ein Investorenwettbewerb zur Bebauung des ehemaligen Sportplatzes ausgelobt. Auf einer Fläche von 19.000 m², flankiert von der Bundestraße und dem Einkaufszentrum, sollte neben städtisch geförderten Wohnungen, seniorengerechten Appartements und Mietwohnungen für mittlere Einkommensverhältnisse auch preiswertes Wohnungseigentum sowie eine Kita entstehen.

1 | Blick auf den Mehrgeschosser von der Nordseite
FOTO: PALLADIUM

Schutz nach Norden, Offenheit nach Süden

Im Wettbewerbsverfahren überzeugte der Entwurf von Bräuning Höhne Architekten, die das Bebauungskonzept zusammen mit dem Bauträgerunternehmen Godel Planen und Bauen entwickelten. Die Planenden setzen vor allem auf zwei städtebauliche Komponenten: zum einen auf eine klare Stadtkante nach Nordosten bzw. Nordwesten und zum anderen auf einen ruhigen Quartiersinnenbereich, der sich über eine verbindende grüne Achse zum Ort Weil öffnet. Den schützenden Rahmen bildet ein vier- bis fünfgeschossiger geknickter Baukörper, der die Siedlung gegen die Schallemissionen der Bundesstraße und des Einkaufszentrums abschirmt. Die Mietwohnungen dort sind über große Fenster und Loggien nach Südosten bzw. Südwesten zum ruhigen Innenbereich des Quartiers orientiert. Auch eine Kindertagesstätte, Flächen für betreute Seniorenwohngemeinschaften und ein Café sind in dem Gebäude integriert.

Südlich des Mehrgeschossers befinden sich 43 dreigeschossige Reihenhäuser mit Gärten und Dachterrassen sowie zwei dreigeschossige Stadthäuser an der südwestlichen Grenze der Salucci-Höfe. Zusammen mit dem gegenüberliegenden denkmalgeschützten Stutenstall fassen die beiden Stadthäuser einen kleinen Platz. Dieser ist mit dem Innenbereich der Siedlung über einen zunächst schmalen Weg verknüpft, der sich anschließend zu einem breiten Boulevard zwischen dem langen Gebäuderiegel und den Reihenhäusern aufweitet und als öffentlicher Raum das autofreie Quartier durchzieht. Zudem ist die Achse so angelegt, dass sie in Zukunft mittels einer Brücke über die Bundestraße bis in die benachbarten Stadtteile Mettingen und Brühl verlängert werden kann. Von diesem Haupterschließungsweg zweigen auch die Verbindungen zu den Reihenhäusern ab. In der Mitte der Reihenhausanlage ist als weiterer Bestandteil des Freiraumkonzepts eine „grüne Fuge“ mit vielen Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten für alle Bewohner gestaltet worden.

2 | Die Wohnungen im vier- bis fünfgeschossigen Baukörper sind über große Fenster und Loggien nach Südosten bzw. Südwesten zum ruhigen Innenbereich hin orientiert.
FOTO: PALLADIUM

3 | Südlich des geknickten Gebäuderiegels schließen sich 43 dreigeschossige Reihenhäuser mit Gärten und Dachterrassen an.
FOTO: PALLADIUM

Lärmschutz und Wirtschaftlichkeit

„Die größte Herausforderung war der Lärmschutz“, sagt Architekt Christoph Höhne, der hauptverantwortlich für den Entwurf und die Planung der Salucci-Höfe ist. „Die Gutachter errechneten, dass der Schalleintrag über das Neckar-Center sogar deutlich größer ist als über die Bundestraße, denn in dem zugehörigen Parkhaus entstehen Schallspitzen, etwa durch anfahrende Autos oder zuschlagende Autotüren.“ Als Antwort auf die hohen Schallschutzvorgaben gestaltete Christoph Höhne den mehrgeschossigen Riegel mit nur wenigen Fenstern mit Festverglasung in Richtung des Einkaufscenters. Aber auch die massive Bauweise trägt dem Lärmschutz Rechnung: Neben Stahlbeton in einzelnen Wandabschnitten setzten die Planenden v. a. auf den Baustoff Kalksandstein als primäre Tragkonstruktion. Aufgrund seiner hohen Rohdichte schützt er vor Lärm und Störgeräuschen, ganz gleich, ob diese von außen kommen oder aus der Nachbarwohnung. So wurden bei den Wohnungstrennwänden im Fünfgeschosser sowie bei den Haustrennwänden der Reihenhäuser Kalksandsteine hauptsächlich in der erhöhten Rohdichteklasse (RDK) 2,2 eingesetzt. In Bereichen mit geringeren Schallschutzanforderungen genügte die RDK 2,0.

Um schnell und rational die verschiedenen Gebäudetypen zu realisieren, kamen KS XL-Rasterelemente zum Einsatz. Das System basiert auf großformatigen, klar definierten Elementen im 12,5er-Raster. Auf die Baustelle wird ein kompletter Bausatz, bestehend aus Regelelementen und auf die Planung abgestimmten Ergänzungsformaten, geliefert, die mit einem Minikran versetzt werden. „Ich empfinde das Bauen mit Kalksandsteinen nach wie vor als die effizienteste Bauweise, gerade wenn es um hohe Anforderungen an die Tragfähigkeit und den Schallschutz geht“, so Christoph Höhne. „Außerdem lassen sich damit hoch gedämmte Außenwandkonstruktionen wirtschaftlich herstellen. Ich habe tatsächlich bei allen meinen bisherigen Massivbauprojekten, die ich von der Planung bis zur Fertigstellung begleitete, Kalksandstein verbaut.“

Projektdetails


Projekt
Neubau von 142 Wohnungen, 43 Reihenhäusern, Gewerbeflächen, Kindertagesstätte und Tiefgarage auf dem Gelände des Alten Sportplatzes in Esslingen-Weil
Fertigstellung
2021
Bauherr
Godel Planen + Bauen GmbH & Co. KG
Wohnfläche
18.000 m²
Architektur
Bräuning Höhne Architekten GmbH
(Entwurf und Planung: C. Höhne)
Gesamtnutzfläche
19.000 m²

Der Autor


Alexandra Busch
Alexandra Busch ist freie Architektur- und Baufachjournalistin in Darmstadt.

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