Wärmewende, Mietstrom & CO.: Steigerung von PV-Dachanlagen

Wärmewende, Mietstrom & CO.: Steigerung von PV-Dachanlagen

Kosten & Finanzierung

Wärmewende, Mietstrom & CO.: Steigerung von PV-Dachanlagen

Text: Dr. Dirk Legler | Foto (Header): © KARL-HEINZ STRÜDEL STOCK.ADOBE.COM

Mit der sogenannten PV-Strategie hat die Bundesregierung im März 2023 ein ehrgeiziges Ziel verkündet: Ab 2026 soll der Zubau von PV-Dachanlagen bei rund 11 GW pro Jahr liegen. Zugleich hat sie aber auch bei der dezentralen Stromversorgung mit zwei Gesetzesvorhaben aus Ende 2023 ganz konkrete Impulse bereits gesetzt.

Auszug aus:

PV-Dachanlagen sollen in Zukunft „substanziell“ zur Stromerzeugung beitragen und mit dem Ziel betrieben werden, möglichst große Anteile des Stroms auch vor Ort selbst zu nutzen. Die solare Dachnutzung soll damit „zum Herzstück“ eines heimischen Energiemanagements werden, indem sie partiell das Elektroauto, die Wärmepumpe oder den heimischen Speicher mit erneuerbarem Strom versorgt. Die Bundesregierung hat dementsprechend im Herbst 2023 mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG), dem sogenannten „Heizungsgesetz“, für den Bereich der Wärmeversorgung gleichfalls neue Vorgaben entwickelt. Damit will sie einen ordnungsrechtlichen Hebel setzen, um die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren und auch den Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmsektor erheblich steigern.

Neue Impulse bei der Wärmeversorgung

Die Bundesregierung hat sich auf den Weg zur Wärmewende gemacht, das GEG ist im Bundesgesetzblatt erschienen. Mit ihm wurden auch Normen im Mietrecht und in der Heizkostenverordnung geändert. Die Modernisierungsumlage wird erweitert, damit der Vermieter auf seinen Mehrkosten für die Umsetzung der neuen Vorgaben nicht allein sitzen bleiben muss. Ferner gibt es nun eine rechtssichere Regelung für die Abrechnung von PV-Strom zur Wärme- bzw. Warmwasserbereitung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung. Insgesamt soll mit dieser Gesetzesnovelle der Umstieg auf erneuerbare Energien auch bei der wärmeseitigen Gebäudeversorgung forciert werden. Ziel des neuen GEG ist es dabei, einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele zu leisten, was durch wirtschaftliche, sozialverträgliche und effizienzsteigernde Maßnahmen zur Einsparung von Treibhausgasemissionen sowie der zunehmenden Nutzung von erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme für die Energieversorgung von Gebäuden erreicht werden soll. Damit wird das Ziel der stetigen Dekarbonisierung auch im Wärmebereich verbindlich und durchsetzbar (vgl. § 1 GEG).

Hinzu kommt, dass nun auch die Errichtung und der Betrieb einer Wärmeerzeugungsanlage sowie der dazugehörigen Nebenanlagen zum Transport von Wärme aus erneuerbaren Energien sowie Effizienzmaßnahmen in Gebäuden nunmehr mit dem neuen Gesetz – ebenso wie bereits in Bezug auf die erneuerbaren Strom erzeugungsanlagen nach § 2 EEG – im überragenden öffentlichen Interesse liegen und per gesetzlicher Definition als der öffentlichen Sicherheit dienend statuiert werden. Bis der Gebäudebetrieb im Bundesgebiet treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien sowie Effizienzmaßnahmen damit als vorrangige Belange in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Das wird gerade in Auseinandersetzungen mit den Denkmalschutzämtern auch für den Bereich der Wärmeversorgung einen Vorteil für den Klimaschutz bewirken. So wie im Strombereich auch, wird damit ab dem 01.01.2024 im Wärmebereich ebenfalls ein Abwägungsvorrang für den Klimaschutz verankert.

Auch die Betreiberpflichten werden erweitert. Damit werden die Vorgaben aus der sogenannten Mittelfrist-Energie-Versorgungs-Sicherungs-Maßnahmen-Verordnung (EnSimiMaV) verlängert und perpetuiert. Gerade ältere Heizungsanlagen in Mehrfamilienhäusern sind danach in ihrer Betriebsweise zu optimieren (mittels hydraulischen Abgleichs etc.).

Neue Impulse für die dezentrale Stromversorgung

Flankiert werden diese Impulse zur Wärmewende durch neue Gesetze im Bereich der dezentralen Stromversorgung. Durch den sogenannten „Solarpakt I“ der Bundesregierung wird dabei zunächst einmal der Mieterstrom endlich weiter entschlackt und zudem auch auf den Gewerbesektor (d.h. die Nichtwohngebäude) erweitert. Bis Ende 2023 durfte und darf nur in Wohngebäuden der Mieterstromzuschlag in Anspruch genommen werden. Das wird nun auch auf die Nichtwohngebäude und Nebenanlagen (z.B. Parkhäuser) erweitert. Zugleich werden zahlreiche Hemmnisse bei der Vergütung und beim Messrecht aufgehoben, indem die Digitalisierung des Mieterstrommodells massiv erleichtert und das Mieterstrommodell von unnötigen Kosten befreit wird. Schließlich wird eine neue Form der dezentralen, solaren Stromversorgung geschaffen, die sogenannte gemeinschaftliche Gebäudeversorgung, die gerade für nicht EVU-affine Vermieter gedacht ist und in die gerade die Wohnungswirtschaft daher viele Hoffnungen legt. Hierzu im Einzelnen im Folgenden mehr.

Der virtuelle Summenzähler bringt die Digitalisierung

Bisher war es gerade für den Bestand im Gebäudesektor ein massiver Kostenfaktor, nachträglich auf das Mieterstrommodell zu wechseln. Denn hierfür war stets die Installation eines physischen Summenzählers (mit zumeist teurer Wandlermessung) erforderlich. Dieses Erfordernis wurde mit einer Überarbeitung des § 20 Abs. 1d EnWG abgeschafft. Seit Mitte 2023 ist das sogenannte „virtuelle Summenzählermodell“ zulässig und kann als neues Messkonzept auch bei den Netzbetreibern rechtlich durchgesetzt werden. Hierzu ist lediglich noch die Umrüstung der einzelnen Zähler (Mieterzähler) im Gebäude auf moderne Messeinrichtungen und die Integration in ein intelligentes Messsystem (IMSys) erforderlich. Dadurch, dass zugleich der sogenannte Roll-out erleichtert wurde (Einführung des sogenannten agilen Roll-outs) – nach dem nunmehr nicht sogleich die Hardware zu 100% den hohen Sicherheitsstandards entsprechen muss, sondern jetzt spätere Software-Updates ausreichen –, kann endlich mit der Digitalisierung der Energiewende begonnen und können insbesondere erhebliche Kosten gespart werden. Zwar „zieren“ sich faktisch viele Netzbetreiber insoweit noch, aber rechtlich durchsetzbar ist das „virtuelle Summenzählermodell“ seit Mitte 2023 damit schon. Erste wettbewerbliche Messstellenbetreiber haben sich dementsprechend bereits aufgestellt.

Hinzu kommt die Erweiterung des Liegenschaftsmodells. Nach diesem kann der Gebäudeeigentümer (Vermieter) das Recht zur Auswahl des Messstellenbetreibers nunmehr erleichtert für alle Anschlussnutzer (Mieter) des vermieteten Wohnkomplexes ausüben. Das bedeutet, dass die Gefahr, bei jedem mieterseitig gewünschten Stromanbieterwechsel auch die Zähler austauschen zu müssen, auf null reduziert werden kann. Das ist rechtlich zwar immer noch im Einzelnen sorgsam zu regeln, aber das Neue ist: Es kann nun vertraglich zwischen Vermieter und Mietern effektiv geregelt werden, sodass diese Gefahr ausgeschlossen werden kann. Das dürfte Mieterstrommodelle im Bestand beflügeln.

Weitere Erleichterungen

Schlussendlich wurden die EEG-Vergütungssätze für den ins Netz oder in die Kundenanlage abgegeben Solarstrom aus PV-Dachanlagen leicht angehoben und die komplexen Vorgaben an die technische (§ 9) und die vergütungsseitige (§ 24) sogenannte Anlagenzusammenfassung erheblich entschlackt. Drohte im Jahr 2022 (und bis Ende 2023) noch die Zusammenfassung mit einer Solardachanlage auf dem Nachbargrundstück, so wird dies 2024 zumeist vermieden werden können. Das reduziert nicht nur Kosten bei der Installation (keine teure Fernwirktechnik zur jederzeitigen Reduzierungsmöglichkeit der Ist-Einspeisung mehr), sondern führt auch zu tendenziell höherer Vergütung (kleine Solardachanlagen bekommen einen höheren Mieterstromzuschlag und eine höhere EEG-Überschussvergütung als große Solardachanlagen).

In vielen Bundesländern wurden schließlich auch die bauordnungsrechtlichen Abstandsregelungen für das Errichten von Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen „gelockert“ und die Solardachpflichten erweitert (auf Bestandsgebäuden und Stellplatzanlagen). Auch das dürfte die solare Dachnutzung interessanter machen.

Das neue Modell: gemeinschaftliche Gebäudeversorgung

Last but not least, sieht die Novelle des Energiewirtschaftsrechts (EnWG) nun auch ein weiteres Modell neben dem Mieterstrommodell vor. Nach einem neuen § 42b EnWG soll nunmehr auch mittels eines Gebäudestromnutzungsvertrags eine nur anteilige Stromversorgung aus der solaren Dachanlage attraktiver werden. Dazu kann der Gebäudeeigentümer (Vermieter) seinen Mietern oder den sonstigen Nutzern des Gebäudes die Nutzung des solar von ihm vor Ort auf dem Dach des Gebäudes erzeugten Stroms anbieten, ohne dadurch eine Vollversorgungspflicht (wie beim Mieterstrommodell) übernehmen zu müssen. Das befreit ihn vom Stromeinkaufs-Kostenrisiko des Zusatz- und Reservestroms, wenn die Sonne nicht scheint und auch der solar befüllte Speicher leer ist. Der Gebäudenutzer (Mieter) behält zudem (anteilig) seinen Stromlieferanten für diesen Reservestrombedarf. Ziel dieses neuen Modells ist es dabei, dass Strom aus solarer Strahlungsenergie ohne großen Bürokratieaufwand von Vermieterinnen und Vermietern (oder einem ihn unterstützenden Dritten) für die Mietparteien innerhalb eines Gebäudes bereitgestellt werden kann. Hierzu sind indes freilich noch zu entwickelnde Gebäudestromnutzungsverträge mit den teilnehmenden Nutzern zu schließen, ist ein (statischer oder dynamischer) Aufteilungsschlüssel über die anteilige Zuordnung des solaren Stroms viertelstundengenau zu vereinbaren und sind messtechnische Umbauten sowie zahlreiche Klärungen mit den Netzbetreibern vorzunehmen. Gleichwohl ist auch dies ein Impuls, der zeigt: Die Bundesregierung macht auch mit der urbanen Energiewende nun im Interesse des Klimaschutzes Ernst.

Fazit

Für die Energiewende ist im Jahre 2023 viel erreicht worden. Die solare Dachnutzung wird von vielen Hemmnissen, die das Energierecht noch im Jahr 2022 vorhielt, befreit. Das dürfte für 2024 dazu beitragen, den ohnehin aus den Solarpflichten und den Vorgaben der kommunalen Wärmeplanung zu beobachtenden Impuls für die Dekarbonisierung noch zu verstärken. Die Solaranlage auf dem Dach von Wohn- oder Nichtwohngebäude wird auch rechtlich immer attraktiver, was aus Sicht des Klimaschutzes auch dringend geboten war und ist. Der Einsatz des vor Ort solar produzierten Stroms in der Wärmepumpe (auch mittels Gebäudenetz) oder für den „Fahrstrom“ in der Ladesäule im Quartier (GEIG) – oder auch als Mieter- oder gemeinschaftlicher Gebäudestrom – wird jedenfalls auch rechtlich immer attraktiver, was dem Betreiber der Solardachanlage natürlich auch wirtschaftliche Vorteile bringen wird.

Der Autor


Dr. Dirk Legler
Rechtsanwalt Dr. Dirk Legler hat sich seit 2003 auf Energierecht spezialisiert. Er ist Partner der Kanzlei Günther in Hamburg. In seiner täglichen Arbeit steht vor allem die umfassende, auch konzeptionelle Rechtsberatung zu allen Themen der dezentralen Wärme- und Stromversorgung aus erneuerbaren Energien im Mittelpunkt. Herr Dr. Legler berät Wohnungsunternehmen, Anlagenbetreiber und Energiedienstleister im Bereich der Quartiersversorgung mit Wärme und/oder Strom. Nähere Informationen auch zu seinen Publikationen in diesem Bereich finden Sie unter
www.rae-guenther.de

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