Steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus: Sonderabschreibung für mehr Wohnraum

Steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus: Sonderabschreibung für mehr Wohnraum

Recht & Steuern

Steuerliche Förderung des Mietwohnungsneubaus: Sonderabschreibung für mehr Wohnraum

Text: Thomas H. Golzer | Foto (Header): © SMILEUS – stock.adobe.com

Um Anreize für den Bau von Wohnungen im mittleren Preissegment zu schaffen, wurde mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus eine neue Sonderabschreibung für die Herstellung von Mietwohnungen in § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingeführt. Doch was besagt das Gesetz und welche Voraussetzungen müssen für die Sonderabschreibung erfüllt sein? Ein Überblick.

Auszug aus:

Knapp 7 Monate gingen ins Land, bevor der Bundesrat in seiner Sitzung vom 28. Juni 2019 [1] einem Gesetz zustimmte, das der Deutsche Bundestag am 29. November 2018 verabschiedet hatte. [2] Damit trat das Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus in Kraft (BGBl. I S.1122). Es hat uns die Bestimmung des § 7b EStG beschert und ist Teil der Wohnraumoffensive unserer Bundesregierung zur Schaffung von 1,5 Millionen Wohnungen in einem bezahlbaren Mietsegment.

Ziel des § 7b EStG ist es, privaten Investoren die Schaffung neuer Mietwohnungen im maximal mittleren Preissegment schmackhaft zu machen, indem er auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten (AK/HK) einer neu hergestellten Wohnung neben der „normalen“ Abschreibung von 2 % nach § 7 IV EStG zusätzliche Sonderabschreibungen erlaubt. Dies für einen Zeitraum von 4 Jahren und in Höhe von weiteren 5 % der AK/HK. Somit können in den ersten 4 Jahren jeweils 7 % (2 % regulär nach § 7 IV EStG plus 5 % nach § 7b I EStG) der AK/HK im Wege der Abschreibung die Steuerlast mindernd geltend gemacht werden.

Voraussetzungen der Sonderabschreibung

Entscheidend ist, dass erstmalig neuer und zusätzlicher Wohnraum geschaffen wird. [3] Was unter einer Wohnung im Sinne des § 7b EStG zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Verweis auf das Bewertungsgesetz (§ 181 IX BewG). Danach ist eine Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass die Führung eines selbstständigen Haushalts möglich ist. Die zusammengefasste Raum-Mehrheit muss von anderen Wohnungen oder Räumen baulich getrennt und in sich abgeschlossen sein sowie einen selbstständigen Zugang haben. Sie erfordert zudem die für die Führung eines selbstständigen Haushalts notwendigen Nebenräume (Küche, Bad oder Dusche, Toilette) und eine Wohnfläche von mindestens 23 m². Die Schaffung der neuen Wohnung verlangt nicht zwingend einen Neubau. So kann die Umgestaltung von leerstehenden Fabrikhallen aus der Gründerzeit in Lofts oder aber die Aufstockung bestehender Gebäude um eine zusätzliche, Wohnzwecken dienende Etage die Möglichkeit der Sonderabschreibung eröffnen.

Mit der eingangs erwähnten Zielstellung, neuen Wohnraum zu schaffen, um den angespannten, nationalen Markt zu entlasten, scheint es schwerlich vereinbar, dass die Wohnung nicht unbedingt in Deutschland geschaffen werden muss. Vielmehr kommt nach § 7b I Satz 1 EStG die Sonderabschreibung auch dann in Betracht, wenn neuer Wohnraum in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union geschaffen wurde.

Weil der Gesetzgeber in der Schaffung neuer Mietwohnungen eine dringliche Aufgabe sieht, hat er das Zeitfenster nicht allzu weit geöffnet und bestimmt, dass der Baugenehmigungsantrag – oder die nach dem Gesetzeswortlaut des § 7b II Nr. 1 EStG gleichgestellte Bauanzeige – zwischen dem 1. September 2019 und dem Ende des Jahres 2021 gestellt worden sein muss. Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Fertigstellung der Wohnung kommt es nicht an. Man muss allerdings der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass die Sonderabschreibung nach der Übergangsbestimmung des § 52 XVa Satz 1 EStG letztmals für den Veranlagungszeitraum 2026 in Anspruch genommen werden kann. Dies auch dann, wenn der Abschreibungszeitraum nach § 7b I EStG noch nicht abgelaufen ist. [4] Will man also die Sonderabschreibung in vollem Umfang in Anspruch nehmen, dann muss die Wohnung tatsächlich bis zum Ende des Jahres 2023 fertiggestellt sein, um als Jahr der Herstellung/Anschaffung im Sinne von § 7b I Satz 1 EStG gezählt werden zu können und die „[…] folgenden drei Jahre […]“ in die Veranlagungszeiträume 2024 – 2026 fallen.

Nach § 7b II Nr. 3 EStG kann die Sonderabschreibung nur in Anspruch genommen werden, wenn die Wohnung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dient. Nach dem Gesetzeswortlaut ist dies nicht der Fall, wenn die Wohnung lediglich zur „vorübergehenden Beherbergung von Personen genutzt“ wird. Bei gemischter Nutzung durch den Mieter soll eine teils gewerbliche Nutzung unschädlich sein, wenn die Nutzung zu Wohnzwecken überwiegt. Das häusliche Arbeitszimmer dürfte in diesem Kontext also keine Kopfschmerzen bereiten.

Nach der Gesetzesbegründung ist ein vorübergehender Leerstand der Wohnung unschädlich, solange die Wohnung zur Vermietung bereitgehalten wird. Dort ist auch zu lesen, dass eine Überlassung zu Wohnzwecken gegen Zahlung von mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete als entgeltlich im Sinne des § 7b II Nr. 3 EStG zu betrachten sei. Anders als im Kontext des § 21 II Satz 1 EStG, der die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung näher ausgestaltet, soll die Unterschreitung der 66 %-Grenze bei § 7b EStG allerdings zur Annahme der Unentgeltlichkeit führen. Dies mit der Konsequenz, dass das Finanzamt eine in Anspruch genommene Sonderabschreibung
noch Jahre später und trotz bestandskräftiger Steuer- oder Feststellungsbescheide rückgängig machen kann. [5]

Dieses Merkmal (§ 7b II Nr. 2 EStG) zielt auf die Förderung des Mietwohnungsneubaus im unteren/mittleren Mietzins-Segment. In diesem Sinne ist es verständlich, dass der im Gesetz ausgewiesene Betrag von 3.000 Euro im Sinne einer Baukostenobergrenze zu verstehen ist. Dies wird aus § 7b IV Satz 1 Nr. 3 EStG deutlich. Dieser Bestimmung zufolge kann eine in Anspruch genommene Sonderabschreibung von der Finanzverwaltung wieder aberkannt werden, wenn die Baukostenobergrenze von 3.000 Euro/m² Wohnfläche in den ersten drei Jahren nach Anschaffung oder Herstellung der begünstigten Wohnung durch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten überschritten wird.

Eine Sonderabschreibung ist eine Beihilfe im Sinne des Artikels 107 I des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Solche Beihilfen sind mit den Prinzipien des Binnenmarkts unvereinbar. Nach Art. 108 III AEUV sind Beihilfen der Kommission zu melden, sodass diese intervenieren kann. Mit der Kommissions-Verordnung EU Nr. 1407/2013 werden sogenannte De-minimis-Beihilfen von der Meldepflicht ausgenommen, weil sie die dort verankerte Bagatellgrenze von 200.000 Euro, bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren, nicht überschreiten und demgemäß als „geringfügig“ zu betrachten sind. Dem Gesetzgeber blieb also nichts anderes übrig, als im Zusammenhang mit der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau dem Steuerpflichtigen aufzugeben, bei der Geltendmachung der Abschreibung den Nachweis zu führen, dass er auch unter Berücksichtigung der begehrten Sonderabschreibung die „Bagatellgrenze von 200.000 Euro“ nicht überschreitet. [6] Zu diesem Zwecke sind Erklärungen abzugeben, die subventionserheblich im Sinne des Betrugstatbestands des § 264 StGB sind.

Bemessungsgrundlage

Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung sind die AK/HK der begünstigten Wohnung, maximal jedoch 2.000 Euro/m² (§ 7b III EStG). Diese Bestimmung entbindet den Steuerpflichtigen allerdings nicht davon, die entstandenen AK/HK konkret nachzuweisen. Liegen sie tatsächlich unter der Höchstgrenze, dann reduziert sich die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung entsprechend. Liegen die AK/HK darüber, jedoch unter dem zum Ausschluss führenden Höchstbetrag für die Baukostenobergrenze nach § 7b IV Satz 1 Nr. 3 EStG von 3.000 Euro/m², dann bleiben sie für die Bemessungsgrundlage der Sonderabschreibung gemäß § 7b EStG – nicht jedoch der regulären Abschreibung im Sinne von § 7 IV EStG – außer Ansatz. Die im Gesetz angelegte Reserve zwischen dem Maximalbetrag von 2.000 Euro/m² und der Baukostenobergrenze in Höhe von 3.000 Euro/m² ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers dazu bestimmt, im Falle von Kostensteigerungen während der Bauphase zugunsten des Bauherrn einen Härteausgleich zu schaffen und zudem regionale Unterschiede in den Baupreisen auszumitteln [7].

Nicht in die Bemessungsgrundlage fallen die Aufwendungen für das Grundstück und auch die Außenanlage. Diese Kosten sind also nicht begünstigt. Auch nicht im Falle der Anschaffung, sodass sich daraus fortan die Notwendigkeit ergeben wird, in Kaufverträgen über vermietete Wohnräume den Kaufpreis als Summe von Teilbeträgen zu zerlegen.

Wie bei jeder temporär begrenzten Sonderabschreibung greift § 7a IX EStG. Folglich mindern sich nach Ablauf des Begünstigungszeitraums von vier Jahren die planmäßigen Abschreibungen nach § 7 IV EStG. Wenn in den ersten vier Jahren nach tatsächlicher Herstellung der neuen Wohnung regulär 8 % (4 Jahre × 2 %) der AK/HK abgeschrieben und nach § 7b I EStG aufgrund besonders gewährter Abschreibung weitere 20 % (4 Jahre × 5 %) der AK/HK, dann sind 28 % der AK/ HK „verbraucht“. Nach vier Jahren beträgt also der abschreibungsfähige Restbuchwert nur noch 72 % der AK/HK. Entsprechend § 7a IX EStG sind diese verbleibenden 72 % über die Restnutzungsdauer von 46 Jahren (50 Jahre abzüglich 4 Jahre Begünstigungszeitraum) zu verteilen. Der jährliche Abschreibungssatz reduziert sich also von 2 % der AK/HK [8] auf 1,5652 % (72 % durch 46 Jahre).

Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten der begünstigten Wohnung, maximal jedoch 2.000 Euro/m².
FOTO: DANIEL – STOCK.ADOBE.COM

Späterer Verlust zunächst gewährter Sonderabschreibungen

Bereits im Zusammenhang mit der unentgeltlichen (< 66 % der ortsüblichen Marktmiete) Überlassung der Wohnung innerhalb der ersten zehn Jahre wurde auf das Risiko der späteren Rückgängigmachung zunächst gewährter Sonderabschreibung gemäß § 7b IV Satz 1 Nr. 1 EStG hingewiesen. Nicht anders ergeht es nach § 7b IV Satz 1 Nr. 3 EStG dem Steuerpflichtigen, bei dem nachträgliche AK/HK zu einer Überschreitung der auf 3.000 Euro/m² festgesetzten Baukostenobergrenze des § 7b II Nr. 2 EStG führen.

Einen weiteren Fall, in dem eine zunächst gewährte Sonderabschreibung trotz zwischenzeitlich eingetretener Bestandskraft von Steuerbescheiden nachträglich versagt werden kann und es somit Jahre später zu einer Erhöhung der Einkünfte und damit auch des zu versteuernden Einkommens nebst Verzinsung der zunächst „gesparten“ Steuer kommt, statuiert § 7b IV Satz 1 Nr. 2 EStG. Danach schadet es dem Steuerpflichtigen, wenn er die begünstigte Wohnung oder ein Gebäude, in dem sich die begünstigte Wohnung befindet, im Jahr der Anschaffung oder der Herstellung oder in den folgenden neun Jahren veräußert, ohne den Veräußerungsgewinn der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterwerfen zu müssen. Das ist der Fall, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung des Grundstücks mehr als zehn Jahre lagen und damit die Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen nach § 23 I Absatz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht eingreift, also kein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn angenommen wird. Der Gesetzgeber will damit Steuergestaltungen einen Riegel vorschieben, die darauf abzielen, Sonderabschreibungen nach § 7b EStG „mitzunehmen“, ohne das bebaute Grundstück selbst für den im Gesetz bestimmten Zeitraum von zehn Jahren entgeltlich zu Wohnzwecken zu überlassen.

Fazit

Ob dieser § 7b EStG taugliche steuerliche Anreize vermittelt, die der Wohnraumoffensive der Bundesregierung zum Erfolg verhelfen, muss bezweifelt werden. Die Regelung gilt für verhältnismäßig kurze Zeit und birgt für den Steuerpflichtigen mit der starren Baukostenobergrenze von 3.000 Euro und den weiteren Tatbeständen zur späteren Versagung der Sonderabschreibung nicht unbeträchtliche Risiken. Ob der zur Erlangung der Sonderabschreibung zu betreibende Aufwand lohnt, darf angesichts des aktuellen Marktumfelds bezweifelt werden. Es stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber nicht einen reizvolleren Ansatz hätte wählen können, beispielsweise eine Anhebung des regulären Abschreibungssatzes nach § 7 IV EStG von 2 % auf 3 %.

Literatur


[1] BR-Drs. 303/19
[2] BT-Drs. 19/4949 und 19/5417
[3] § 7b II Nr. 1 EStG
[4] § 52 XVa Satz 2 EStG
[5] § 7b IV Satz 1 Nr. 1 und § 7b IV Satz 3 EStG
[6] § 7b V Satz 4 EStG
[7] BT Drs 19/4949, Seite 13
[8] nach § 7 IV Nr. 2 lit. a) EStG

Der Autor


Thomas H. Golzer
Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Thomas H. Golzer ist Fachanwalt für Steuerrecht sowie Bau- und Architektenrecht. Er ist Partner der mittelständischen Anwaltspartnerschaft von SNP Schlawien mbB am Standort Leipzig.

Im Bereich des Steuerrechts begleitet Thomas H. Golzer alle Formen von Rechtsbehelfsverfahren, betreut Mandanten im Rahmen von Außenprüfungen und berät bei der steueroptimierten Gestaltung von Vertragsbeziehungen, vor allem im Bereich der Vermögensund Unternehmensnachfolge. Darüber hinaus bearbeitet Thomas H. Golzer seit über 25 Jahren Mandate aus dem Bereich des privaten Baurechts.

Seine Tätigkeit umfasst die Vertragsgestaltung ebenso wie die baubegleitende Rechtsberatung und die, erforderlichenfalls gerichtliche, Interessenvertretung. Er ist zertifizierter Mediator. Aufgrund seiner besonderen Berufserfahrungen sowie seiner Kenntnisse in außergerichtlicher Streitlösung wurde er in die Streitlöser-Liste des Deutschen Beton- und Bautechnik-Vereins e. V. (DBV) und der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e. V. (DGfB) aufgenommen. Thomas H. Golzer ist als Schiedsrichter tätig. Zu seinen Mandanten gehören Projektentwickler, Bauunternehmen, Handwerksbetriebe, Bauträger, Bauherren, Immobilienverwalter, Architektur- und Planungsbüros sowie Versicherungsgesellschaften.

www.snp-online.de

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