Im Gespräch mit Daniel Kinz: Qualität im Wohnungsbau

Im Gespräch mit Daniel Kinz: Qualität im Wohnungsbau

Im Gespräch mit Daniel Linz

Qualität im Wohnungsbau

Foto (Header): © CHRISTOPH BENDER

FOTO: DIRK UHLENBROCK, HAMBURG

Viele Städte haben es sich zur Aufgabe gemacht, kostengünstige und damit bezahlbare Wohnbauten für Haushalte mit mittleren und geringen Einkommen zu schaffen – doch bleibt dadurch die Qualität auf der Strecke? Daniel Kinz, 1. Vorsitzender des BDA Hamburg, spricht mit uns anlässlich einer Ausstellung in Hamburg über den Qualitätsanspruch im Wohnungsbau.

Auszug aus:

Herr Kinz, noch bis 18. Januar 2019 läuft in der BDA Hamburg Galerie die Ausstellung „Qualität im Wohnungsbau ist …“. Wie ist es dazu gekommen?

In der Diskussion über die möglichen Folgen der Entwicklung hin zu immer schnellerer modularer Produktion von Wohnraum war bald klar, dass dabei ein Verlust von Qualität zu befürchten ist. Nur, was bedeutet Qualität? Da waren sich auch die BDA-Architekten in der Arbeitsgruppe „Qualitätsoffensive Wohnungsbau“ nicht einig. Jeder versteht etwas anderes darunter. Um ein Bild davon zu bekommen, was Qualität im Wohnungsbau für jeden Einzelnen bedeutet, haben wir unsere Mitglieder befragt und 75 Antworten bekommen.

Kann man das Ergebnis und die Statements in der Ausstellung auf einen Nenner bringen?

Es sind sehr verschiedene Themen. Bei näherer Analyse stellt man aber bald fest, dass sich die Aussagen zu Gruppen zusammenfassen lassen. Zunächst sind da die Themen Städtebau und Einbindung, Stadtbild ganz allgemein. Viele beschäftigen sich mit den Fassaden und den Eingangsbereichen der Gebäude, also den Bereichen, die einem Haus das unverwechselbare Gesicht geben. Grundrisse sind natürlich auch wichtig. Und dann kristallisiert sich das Thema Teilhabe als ein zentraler Punkt heraus. Qualität für alle, sozusagen.

Wie können architektonisch hochwertige Wohnbauten entstehen, die trotzdem erschwinglich sind?

Das ist ja die entscheidende Frage – was heißt hochwertig? Wichtigste Grundlage ist der Wille, Qualität zu schaffen und dem Architekten die Freiheit zu geben, seine Ideen zu entwickeln. Wenn die städtebaulichen Voraussetzungen da sind, also nicht monoton gereiht wird, sondern mit anregenden Stadträumen gearbeitet werden kann, können Architekten Qualität auch zu günstigen Kosten entstehen lassen. Kluge Grundrisse, ansprechende Gestaltung und eine Mischung unterschiedlicher Wohnformen fördern immer die Entwicklung lebenswerter Quartiere. Durch diese Maßnahmen werden Wohnungen nicht teurer, haben aber mehr Qualität.

Wie schaffen es Architekten bei diesen komplexen Prozessen, ihren künstlerischen Ansprüchen genug Raum zu geben?

Gute Architektur entsteht im Spannungsfeld von Wünschen und Anforderungen des Bauherrn und der Kreativität des Architekten. Es  gehört zum Wesen unseres Berufs, dass wir das Budget im Blick haben und hierfür Verantwortung übernehmen. Man kann die meisten Bauaufgaben auch bewältigen, wenn man einfach nur das Programm umsetzt. Dann entsteht aber schnell Banalität. Den Freiraum, neue kreative Ansätze zu finden, muss man sich schon erarbeiten. Am besten mit Lösungen, die sich in der Praxis bewährt haben, wie sie in unserer Ausstellung auch zu sehen sind.

Wie kann serielles Bauen einen Beitrag zu erschwinglichen, aber trotzdem qualitätsvollen Bauten leisten?

Jeder Architekt plant Gebäude mit sinnvoll organisierten Grundrissen, die sich in einem Haus wiederholen. Fenster, Balkone, ganze Fassadenelemente werden seriell verwendet. Entscheidend ist, was und in welchem Maßstab seriell geschaffen wird. Eine Lösung, die hundertfach oder mehr wiederholt werden soll, muss immer eine besonders gute sein, sei es im Detail oder erst recht beim ganzen Haus, das vervielfältigt werden soll. Das ergibt auch wirtschaftlich Sinn, denn man möchte ja keine Fehler reproduzieren. Die Produkte müssen eng auf die industriellen Möglichkeiten abgestimmt sein. So können sich die Wiederholungsfaktoren und die Zeitvorteile voll auswirken. Unter der Voraussetzung, dass der jeweilige Entwurf exzellent ist, entsteht dann auch Qualität.

Welche Aspekte müssen besonders beachtet werden, um keine „modernen Plattenbauten“ zu schaffen?

Es darf nicht das primäre Ziel sein, Kosten zu sparen. Dass ein seriell produziertes Haus notwendigerweise günstiger ist, ist nicht erwiesen. Die Gefahr besteht meines Erachtens darin, dass man Entwürfe umsetzt, bei denen alle charakteristischen Elemente, die Qualität im Sinne unserer BDA-Offensive bedeuten, schon herausgespart sind. Wenn man das dann in die Serienproduktion gibt, können daraus nur Langeweile und mittelfristig gesellschaftliche Probleme entstehen. Mit einem guten Städtebau als Grundlage, der die Qualität des Stadtraums in den Fokus setzt und nicht die rationelle Bauproduktion mit immer gleichen Bautypen, muss serielle Produktion bedeuten, dass im Kern des Gebäudes Elemente verwendet werden, die perfekt abgestimmt sind und sich bewährt haben. Die dienenden Bereiche des Hauses und die konstruktiven Elemente können Standard sein. Bei allen Elementen, die dem Haus ein Gesicht geben, muss Variation und Individualität möglich sein, ja geradezu gefordert werden.

Mit Ihrem eigenen Architekturbüro haben Sie letztes Jahr 30-jähriges Bestehen gefeiert. Schauen wir gemeinsam in die Zukunft: Wie sieht das zukunftsfähige, qualitätsvolle Wohngebäude in 30 Jahren für Sie aus?

Durch die Entwicklung zum Wohnen in großen Städten und die weiter steigende Mobilität wird die Erkennbarkeit des Hauses und des Viertels weiter an Bedeutung gewinnen. Ich denke, dass gerade durch die Digitalisierung mehr denn je die Kontaktzonen eines Wohngebäudes wichtig sein werden. Vielleicht wohnt der Einzelne dann auf etwas kleinerer Fläche, weil er sich Wohnraum in Ballungsgebieten sonst nicht mehr leisten könnte. Aber dafür entstehen Gemeinschaftsräume als Treffpunkte, die auch die individuellen Lebensumstände reflektieren. Diese Konstellationen werden häufiger wechseln, also muss ein Haus darauf reagieren können und z. B. Räume anbieten, bei denen nicht vorgegeben ist, ob sie als Wohn‑, Ess- oder Schlafzimmer genutzt werden. Und hoffentlich lieben wir dann die „Altbauten“, die wir heute entstehen lassen.

Das Projekt „Oslever Hööv“ in Hamburg bietet qualitätsvolles Wohnen in 132 geförderten und frei finanzierten Wohneinheiten.
FOTO: CHRISTOPH BENDER

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