Im Gespräch mit Annika Sänger-Acevedo: Digitaler Schlüsselbund

Im Gespräch mit Annika Sänger-Acevedo: Digitaler Schlüsselbund

Im Gespräch mit Annika Sänger-Acevedo

Digitaler Schlüsselbund

Text: Julia Ciriacy-Wantrup | Foto (Header): © faber14 – stock.adobe.com

Foto: Annika sänger-Acevedo

Digitale Schlüssel über das Smartphone sind im Automobilbereich bereits im Einsatz. Doch kann man diese Technik auch auf andere Schließsysteme, wie z. B. für Wohnen und Arbeiten, ausdehnen? Wir sprechen mit Annika Sänger-Acevedo, Chief Marketing Officer der Liberkee GmbH, darüber, wie der digitale Zugang zu Mobilität und Gebäuden auf Quartiersebene möglich ist.

Auszug aus:

Frau Sänger-Acevedo, mit welchen Aufgabenstellungen beschäftigt sich die Liberkee GmbH?

Wir haben eine Plattform geschaffen, die Schlüssel digitalisiert und die Nutzer dazu ermächtigt, Zugänge mit dem Smartphone zu öffnen und zu schließen. Damit setzen wir dem Schlüsselchaos ein Ende. Hervorgegangen aus der HUF Group, liegt unsere Expertise im Bereich Fahrzeugzugänge. Unser Know-how haben wir genutzt, um eine Lösung zu schaffen, die jedes weitere Bluetooth-fähige Schloss integrieren kann. So können wir Zugangsberechtigungen für komplette Mobilitätshubs von Geländezugang bis hin zu einzelnen Fahrzeugen, Räumen und Schränken in eine digitale Verwaltung integrieren. Die Verwaltung oder Vermietung kann mit wenigen Klicks unique Schlüssel für die Nutzer erstellen und diese zeitlich einschränken. Der Schlüssel wird generiert und in einer App dem Nutzer zur Verfügung gestellt. So können wir gewährleisten, dass ein Schlüssel nicht unbefugt weitergegeben oder dupliziert und auch nur im freigeschalteten Zeitraum genutzt werden kann.

Digitale Zutritts- und Schließsysteme sind auch im Wohnungsbau auf dem Vormarsch. Wie kann eine sinnvolle Verknüpfung des Zugangs im Bereich der Mobilität und von Gebäuden – z. B. für Wohnen oder Arbeiten – gelingen?

Dadurch, dass unserer Plattform sowohl den Zugang zu Fahrzeugen als auch Gebäuden digitalisieren kann, sind unsere Kunden in der Lage ganzheitliche (Fort-)Bewegungsräume individuell zu definieren. So kann für neue Mitarbeiter ganz nach Bedarf zur Erledigung der Tätigkeiten ein Schlüsselbund erstellt werden, der zu allem Zugang erteilt, wohin er sich bewegen können muss. Sollte er für Reisen zu anderen Standorten oder Sondertätigkeiten in einen anderen Gebäudekomplex müssen, so kann völlig kontaktlos der Schlüssel in die App zugestellt werden, und der Zugang ist für einen definierten Zeitraum möglich. Im Anschluss verschwindet der Schlüssel und macht Übergaben unnötig. Gleichzeitig dokumentiert das System genau, wer zu welchem Zugang die Berechtigung hat, und ermöglicht genauso das Erstellen von Gruppen zur leichteren Verwaltung. So können auch Unternehmensflotten bedarfsgerecht verwaltet und gebucht werden. Wir haben mit unserer Lösung ganze Gebrauchtwagenzentren digitalisiert, sodass der physische Schlüssel völlig überflüssig geworden ist. Mit unserer App wird von den operativen Prozessen bis hin zu Probefahrt durch Kunden alles gesteuert.

Welche Vorteile können dadurch für die Nutzer entstehen?

Es können keine Schlüssel mehr verloren gehen, und die hohen Kosten für das Nachmachen von Schlüsseln entfallen. Wir verfügen sogar über die Möglichkeit, mit unserem System im Notfall ein Schloss aus der Ferne zu öffnen. Grundsätzlich nutzen unsere Schlüssel Bluetooth, was bedeutet, dass man sich mit dem Smartphone in unmittelbarer Nähe des Schlosses befinden muss, um es bedienen zu können. Ein Internetzugang wird daher nur benötigt, um den Schlüssel in der App zu erhalten. So können auch Türen von Fahrzeugen geöffnet werden, die sich in einer Tiefgarage befinden, oder auch von Räumen, die von der Bausubstanz abgeschirmt sind.

Zusätzlich verbinden wir unsere digitalen Schlüssel von Fahrzeugen mit Telematik-Daten, sodass Mieter problemlos zum Fahrzeug navigieren können und sowohl Mieter als auch Vermietung Überblick über wichtige Informationen wie Kilometerstand, Tankfüllstand und Ladezustand der Batterien haben. Somit können wir jedes Model jeder Fahrzeugmarke unterstützen – dies gilt auch für Fahrzeuge im Micromobilitätssektor.

Welche Möglichkeiten sehen Sie im Bereich des Quartiersmanagements?

Neben dem Schlüsselbund zum Wohnkomplex und zum Privatraum kann den Anwohnern in Wohnquartieren z. B. eine geteilte Fahrzeugflotte aus verschiedenen Fahrzeugen nach einem Sharing-Prinzip zu Verfügung gestellt werden. Dabei kommt unser Grundsatz zum Tragen, dass wir die Plattform auch für Drittanbieter öffnen und sowohl Schließsysteme als auch unsere Technologie in jedes Managementsystem integrieren können, sodass eine nahtlose Nutzung für Verwaltung und Nutzer möglich ist. Damit können wir auf jedes individuelle Konzept eingehen und ein Zugangsberechtigungssystem erschaffen, welches sich genau nach den Bedürfnissen und Anforderungen der Projekte richtet. Dies können wir erreichen, weil bei uns die Mobilität des Menschen im Zentrum steht, die nicht eingeschränkt, sondern erleichtert werden soll. Darin liegt eine große Chance für die Entwicklung von bedarfsgerechten und modernen Quartieren, die sich mit einem Mobilitätscluster aus n-vielen individuellen Nutzern und deren Bedürfnissen im Alltag zusammensetzen und so ständig im Wandel sind.

Wie sieht die technische Umsetzung bei Ihrem System aus? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?

Unsere Technologie wächst mit den technischen Voraussetzungen, die das Unternehmenssystem mitbringt. Das bedeutet, dass unsere digitalen Schlüssel bereits erstellt, verwaltet und erteilt sowie entzogen werden können, wenn unsere Plattform in kein Verwaltungssystem integriert ist. Deshalb stellen wir auch unsere Liberkee-App jederzeit zur Verfügung. Existiert eine eigene App, so kann unsere Lösung unsichtbar integriert werden. Gleiches gilt auch in die andere Richtung. Existiert bereits ein Verwaltungs- oder Buchungssystem, so lässt sich die Plattform für digitale Schlüssel vollständig integrieren. Wer bereits über Bluetooth-fähige Schlösser verfügt, kann diese ebenfalls integrieren. Wir sind daher bereits mit einer Vielzahl von Anbietern verbunden, und unser Port­folio wächst stetig. Dies können wir durch unsere APIs, die die Kommunikation zwischen verschiedenen Softwarekomponenten darstellen, und Software Devel­opment Kits (SDKs) innerhalb kürzester Zeit gewährleisten.

Welche Maßnahmen und Technik werden eingesetzt, um Datensicherheit zu gewährleisten?

Unsere Server stehen in Deutschland, unsere Datensicherheit richtet sich nach den Anforderungen der DSGVO. Diesen Standard geben wir an alle Unternehmen weltweit weiter. Ist eine Integration in ein Buchungssystem vorhanden, so werden die Nutzerdaten erst dort mit den digitalen Schlüsseln und Telematik-Daten von Fahrzeugen zusammengeführt. Die nutzerbezogene Datenhoheit bleibt damit im System unserer Kunden im B2B-Bereich.

Wir verschlüsseln unsere digitalen Schlüssel auf einem sehr hohen Niveau mithilfe eines asynchronen Verschlüsselungsverfahrens, welches auch in Banken zum Einsatz kommt. Damit ist ein Schlüssel, der unberechtigterweise in die Hände Dritter gelangt, nicht interpretierbar und völlig nutzlos. Sollten Nutzer nach Maßgabe der Verwaltung kurzfristig die Legitimation zur Nutzungsberechtigung verlieren, so kann mit wenigen Klicks im Verwaltungssystem am Desktop der Schlüssel unbrauchbar gemacht werden, die Berechtigung ist unmittelbar entzogen, und der Klick auf den Knopf in der App löst das Schloss nicht aus.

Wenn Sie in die Zukunft schauen, welche weiteren Entwicklungen erwarten Sie für digitale Schließ- bzw. Zugangssysteme?

Der digitale Schlüssel bringt den Schlüsselbund in das Zentrum unseres sozialen Lebens – dem Smartphone. Mit wachsender Akzeptanz werden sich neue Ideen entwickeln, die den öffentlichen sowie privaten Raum neu gestalten werden. Das beginnt bereits jetzt mit Autovermietungen, die den Schlüssel automatisiert bei Buchungsabschluss in der App an Mieter verschicken und damit einen völlig kontaktlosen Prozess ermöglichen. Es geht weiter im Bereich der Hotellerie, Resorts, Ferienappartments und Wohnungsbau und ermöglicht ein Neudenken im öffentlichen Bereich. So könnten Zugänge für Aufzüge an Bahnhöfen für Menschen mit eingeschränkter Bewegung direkt mit der Buchung des Tickets übermittelt oder der zeitlich begrenzte Zugang zu öffentlichen Räumen wie (Kommunal-)Verwaltungen, Museen, Schwimmbädern, Konzerthallen usw. mit dem Kauf der Tickets verbunden werden. Verwaltungen verlieren damit nicht ihre Kontrolle über die Zugänge für Nutzer ihrer Angebote und erhöhen gleichzeitig die individuelle Bewegungsfreiheit der Menschen in dem Umfang, wie sie es individuell nutzen möchten unter Wahrung der Sicherheit für Privatsphäre und Datenschutz. Es befindet sich alles an einem Ort.

Stellen Sie sich einfach die Frage, was Sie öfter suchen: Ihren Schlüssel oder Ihr Smartphone?

2 | Bei einr bestehenden Buchungs-App kann die Liberkee-App unsichtbar integriert werden.
Abbildung: Liberkee GmbH

Das Gespräch führte Julia Ciriacy-Wantrup.

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