Forschungsprojekt Square im Quartier Franklin: Vergleichende Energieeffizienz

Forschungsprojekt Square im Quartier Franklin: Vergleichende Energieeffizienz

Energie, Technik & Baustoffe

Forschungsprojekt Square im Quartier Franklin: Vergleichende Energieeffizienz

Text: ap88 | Foto (Header): © NICOLAS MEIRINGER, AP88

Wie energieeffizient lässt sich das Wohnen in Bestandsimmobilien gestalten? Dieser Frage wollte die Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG nachgehen und definierte zwei baulich identische Wohngebäude auf den Konversionsflächen im Mannheimer Stadtteil FRANKLIN als „ökologische Modellhäuser“. Diese sollen jeweils nach unterschiedlichen energetischen Standards saniert werden. Ein mehrjähriges Monitoring beider Gebäude liefert erste Ergebnisse zur Energieeffizienz.

Auszug aus:

Bereits das Akronym SQUARE, das für „smart quarter and urban area reducing emissions“ steht und Namensgeber für die beiden Bestandsgebäude ist, spiegelt die ökologische Zielsetzung nach dem aktuellsten Stand der Technik für die Sanierung wider. Die vollständige Gleichartigkeit der Gebäude ermöglicht es, unterschiedliche Sanierungskonzepte von Bestandsgebäuden parallel und unter Klimaschutzaspekten sowie den energetischen und betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahmen zu erproben. Dazu wird ein Bestandsgebäude mit dem Ziel EnEV 2016 Neubau-Standard saniert, das zweite Gebäude bei der Sanierung gemäß Passivhaus-Standard ausgestattet, um das EnerPHit-Niveau zu erreichen.

Parallele Sanierung nach unterschiedlichen Energiestandards

Die GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft plante im Rahmen des Forschungsprojekts SQUARE zwei baulich identische Wohngebäude zu sanieren. Anhand der beiden Pilotobjekte sollte die energetische Sanierung mit zwei unterschiedlichen Standards modellhaft getestet und später auf weitere Objekte übertragen werden. Die GBG beauftragte das Unternehmen Drees & Sommer, ein Demonstrationsvorhaben zur CO²-Minderung bei der Sanierung von Wohngebäuden umzusetzen, und engagierte die Heidelberger Architekten Partnerschaft ap88 mit der Planung der Sanierung im Bestand. Die Projektlaufzeit für die Realisierung und das anschließende dreijährige Monitoring wurden mit März 2015 bis Dezember 2023 definiert.

„Drees & Sommer erhielt für SQUARE den Auftrag des General Construction Managements, das auch das Energiemanagement und -monitoring umfasst. Ziel ist es, eine valide unabhängige Datenbasis für die Ermittlung des Verhältnisses von klimaschützender Auswirkung und Kosten zu gewinnen. Neben der Bauphysik und Bauökologie, gemeinsam mit der technischen Gebäudeausrüstung und dem Energiedesign, beschäftigen wir uns beim Projekt SQUARE mit der Tragwerksplanung und dem Baumanagement,“ erklärt Markus Raab, Projektleiter bei Drees & Sommer in Mannheim, den Umfang der Aufgabenstellung. Die Grundrisse der beiden Bestandsgebäude mit insgesamt 48 Wohnungen sollten überarbeitet werden, die Gebäudesubstanz wie Tragwerk, Brandschutz und Schallschutz saniert sowie der Anbau von Balkonen realisiert werden.

„Die Sanierung sollte neben dem zeitgemäßen Anspruch an die Wohnqualität insbesondere die Voraussetzungen für die effiziente und voll funktionsfähige Nutzung der unterschiedlichen klimaeffizienten Techniken schaffen“, so Thomas Löffel von ap88. ap88 begleitete das innovative Projekt von der ersten Skizze bis zum fertigen Bauwerk. Enge Abstimmungen auf Tagesbasis mit der Projektleitung waren für die erfolgreiche Umsetzung erforderlich. Herausfordernd war die schlechte Bausubstanz der beiden Gebäude, die den Architekten einiges abverlangte. Die enge Taktung der Gewerke und die zeitliche Überlappung der einzelnen Bauschritte forderten hohe Geschwindigkeit und Flexibilität von allen Beteiligten, die in allen Phasen des Projekts gewährleistet wurden.

1 | Blick auf die beiden Gebäude
FOTO: NICOLAS MEIRINGER, AP88

2 | Die Photovoltaik findet auf dem Dach Platz und auf der nach Südosten orientierten Giebelfassade.
FOTO: NICOLAS MEIRINGER, AP88

Konkrete energetische Anforderungen

Der Neubau SQUARE now nach EnEV 2016 erhielt eine neue Fassade mit Wärmeschutzverglasung und Wärmedämmung sowie ein neues Dach mit Photovoltaik oberhalb der Gauben und mit nach Südosten orientierter Giebelfassade für einen hohen Ertrag im Winter. Die Photovoltaik-Anlagen in SQUARE now sind nicht für die Einhaltung des EnEV 2016 Standards erforderlich. Sie sind aufgrund von übergeordneten Projektzielen bzgl. des Zubaus regenerativer Erzeugungsanlagen auf dem Gebäude verortet. Es wurden die Vorkehrungen für die Nutzung von Fernwärme und der damit einhergehenden Planung der Heizkörper getroffen. Neben reduzierten Wärmebrücken wurden eine zentrale Abluftabsaugung sowie eine Nachströmöffnung in den Fenstern berücksichtigt, um einen hygienischen Luftwechsel zum Bauteilschutz sicherzustellen.

Im EnerPHit-Gebäude SQUARE next soll das Konzept des „Smart Home“ umgesetzt werden. Das bedeutet, dass überschüssiger, selbst erzeugter Strom in Batterien in SQUARE next und SQUARE now gespeichert wird, bis der Bedarf höher ist als die Erzeugerleistung der PV-Anlagen. Die Wärmeversorgung in SQUARE next erfolgt lokal über ein Wärmepumpensystem. Die Wärme wird einem Eisspeicher entzogen, der beim Gefrier- bzw. Schmelzvorgang so viel Wärme speichern bzw. abgeben kann, wie zur Erwärmung von Wasser auf 80 °C benötigt werden. Der Eisspeicher wird über die Hybridkollektoren wieder erwärmt und regeneriert, was gleichzeitig einer Kühlung der Photovoltaikmodule entspricht und deren Wirkungsgrad verbessern soll. Für das EnerPHit-Gebäude wurde eine Fassade mit Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung und Wärmdämmung definiert, genauso wie ein neues Dach mit Photovoltaik oberhalb der Gauben und auf der nach Südosten orientierten Giebelfassade (wie beim EnEV 2016-Neubau-Gebäude). „Dieses Konzept unterscheidet sich in vielen Punkten, insbesondere durch den saisonalen Eisspeicher, den Hybridkollektor sowie die Wärmepumpe. Ein Heizpufferspeicher, Raumheizflächen und eine Warmwasser-Wärmepumpe sind Komponenten in SQUARE next, nicht jedoch in now; in next erfolgt außerdem die Trinkwassererwärmung dezentral über hybride Frischwasserstationen“, erklärt Markus Raab von Drees & Sommer.

Ergebnisse aus dem Energiebericht seit März 2022

Im März 2022 erschien der erste umfassende Energiebericht, der einige interessante Ergebnisse beinhaltet. Hier ein Auszug: Die CO²-äquivalenten Emissionen lagen im EnerPHit-Gebäude next mit 20,7 t CO²/a gegenüber 54,2 t CO²/a beim EnEV 2016 Neubau-Gebäude now um etwa 62 % niedriger. Auch der Primärenergiebedarf lag bei next mit 72,9 MWh/a um ca. 62 % unter dem von now, der mit 196,9 MWh/a angegeben wird.

Beide Messwerte zeigen das bessere Abschneiden des Gebäudes next, wobei diese Aussage mangels Vergleichbarkeit unter Vorbehalt getroffen werden muss. Die Anzahl der vermieteten Wohnungen in next lag z. B. im ersten Halbjahr 2021 unter der von now.

Weiterhin veranschaulicht der Bericht, dass das Verhalten der Bewohner einer genauen Berücksichtigung bei der Auswertung bedarf. Die beiden Gebäude sind völlig baugleich, die Bewohner der Wohneinheiten stellen jedoch keine homogene Gruppe dar. Ihre Gewohnheiten und das individuelle Nutzerverhalten machen sich deutlich bemerkbar und zeigen auf, wie groß der menschliche Faktor den Energieverbrauch beeinflusst.

Einen weiteren Einfluss auf die Ergebnisse hatte die Pandemie. Viele Bewohner arbeiteten auf einmal im Homeoffice und waren somit von früh bis spät zu Hause. Hinzu kamen die eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten in der Freizeit, die sich unweigerlich auf die Belegungsdauer der Wohnungen und somit den Energieverbrauch auswirkten.

Die Erkenntnisse und Zahlen aus dem Bericht bringen Transparenz in den Energieverbrauch und das Verhalten von verschiedenen Energieerzeuger- und Speichersystemen in unterschiedlich energetisch sanierten Gebäuden und unterstützen somit wesentlich die Weiterentwicklung in puncto Nachhaltigkeit. Die Ergebnisse, die aus dem Einsatz dieser innovativen Technologien resultieren, werden in den nächsten Jahren weiteren Aufschluss geben und damit mögliche neue Wege aufzeigen.

Über ap88
„Nicht das Spektakuläre wollen, sondern das Einfache, dies aber in seiner höchsten Qualität.“ Diese Haltung zeigt sich in den vielfältigen Projekten der Architekten Partnerschaft ap88, die Wohn- und Geschäftsbauten umfassen, genauso wie öffentliche Gebäude mit den Themen Bildung, Kultur und Sport. Aber auch der Städtebau oder Verkehrseinrichtungen stehen im Fokus ihrer Arbeit.

Neben Projektentwicklung sowie kostenorientiertem und energieeffizientem Bauen ist die regelmäßige Teilnahme an Wettbewerben wichtig: Hierdurch wird die eigene Leistungsfähigkeit und Innovationskraft ständig überprüft und gestärkt.

www.ap88.de

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