Energetische Modernisierung von Mehrfamilienhäusern: Expedition in den Förderdschungel

Energetische Modernisierung von Mehrfamilienhäusern: Expedition in den Förderdschungel

Kosten & Finanzierung

Energetische Modernisierung von Mehrfamilienhäusern: Expedition in den Förderdschungel

Text: Stefan Heimann | Foto (Header): © www.co2online.de | Alois Müller

Auf den ersten Blick erscheinen Finanzierungs- und Förderlandschaften oft unübersichtlich und unwegsam. Aber mit etwas Orientierung finden sich hier gute Wege, um Mehrfamilienhäuser durch energetische Modernisierungsmaßnahmen fit zu machen für eine klimafreundliche Zukunft. Eine Expedition, die sich lohnt.

Auszug aus:

Das Bild des Dschungels passt ziemlich gut: Die Finanzierungs- und Förderlandschaften sind ein dynamisches und lebendiges Gebilde, das wächst und sich ständig verändert. Vieles hängt hier zusammen: Programme reagieren aufeinander, einige können nicht ohne die anderen, wieder andere konkurrieren miteinander und schließen sich gegenseitig aus. Das Dschungel-Bild ist schon alt und stammt aus einer Zeit, als „Dschungel“ noch per se für etwas stand, das man am liebsten lichten und mit schnurgeraden Straßen durchziehen wollte. Heute denken die meisten Menschen bei diesem Begriff eher an etwas Wertvolles und Nützliches. Und das gilt ebenfalls für Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten: Die vielen Programme und Optionen eröffnen viele und vielfältige Wege, um Gebäude, Siedlungen und Kommunen umweltfreundlich und sozialverträglich zu gestalten.

Den passenden Weg finden

Einen zentralen Wegweiser in Form einer Beratungsstelle gibt es nicht in diesem Dschungel – die erste Herausforderung der Expedition besteht also darin, einen passenden Weg für ein individuelles Projekt zu finden. Häufig kommen mehrere Förderprogramme infrage, sodass unbedingt zu prüfen ist, ob und wie diese kombiniert werden können. Hier spricht man von Kumulierbarkeit.

Bei der Förderung von Modernisierungsmaßnahmen zwei besonders wichtige Möglichkeiten: zinsgünstige Kredite und Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Seltener sind Programme, die etwa Beratungsmöglichkeiten oder andere Dienstleitungen anbieten. Die beiden wichtigsten Fördergeber bei der Gebäudesanierung sind das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und die bundeseigene Förderbank KfW, die heute nicht mehr bei ihrem ursprünglichen Namen „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ genannt werden möchte. Auch einzelne Bundesländer, Kommunen und örtliche Energieversorger bieten Förderprogramme für Energiesparmaßnahmen an. Einen guten Überblick über alle Programme für ein konkretes Vorhaben in einer bestimmten Region gibt es online mit dem FördermittelCheck der gemeinnützigen co2online GmbH: www.co2online.de/FoerdermittelCheck

Neben den Fördermöglichkeiten ist Contracting als weitere lukrative Finanzierungsoption zu nennen. Beim Contracting wird die Modernisierung an einen Dienstleister übertragen. Dieser kümmert sich um die Umsetzung und ggf. die Wartung – und übernimmt i. d. R. auch die Kosten dafür. Nach der Modernisierung sind regelmäßige Gebühren an den Dienstleister fällig, die aber unter dem Betrag liegen, die die Maßnahmen erwirtschaften. Sprich: Über Contracting lässt sich ein Gebäude modernisieren, ohne sich selbst um die Organisation kümmern zu müssen. Das trägt zum Klimaschutz bei, erhöht den Wohnkomfort und Wert des Gebäudes und spart Energiekosten – aber natürlich in geringerem Maße, als wenn man die Modernisierung selbst organisiert. Bei Solaranlagen kommt Contracting häufig zum Einsatz. Klassischer Fall: Ein Dienstleister lässt Photovoltaik-Module auf dem Gebäudedach errichten und wird an der Einspeisevergütung beteiligt. Eine Win-win-Situation – und die Umwelt profitiert ebenfalls. Ein Nachteil sind allerdings die langen Vertragslaufzeiten: Contracting-Verträge gelten meist fünf bis 15 Jahre, bei Photovoltaikanlagen auch 20 Jahre. Man bindet sich also für lange Zeit an den Contractor und muss entsprechend genau auf alle Vertragsvereinbarungen achten.

Dämmung gehört zu den wichtigsten Modernisierungsmaßnahmen.
Foto: www.co2online.de | Phil Dera/p>

Kostenspannen für die energetische Sanierung von Mehrfamilienhäusern
Abbildung: www.wegderzukunft.de

Von der Auswahl bis zur Auszahlung

Hat man passende Förderprogramme im Dschungel gefunden, stehen erneut Herausforderungen an in Form von Klauseln, Bedingungen und Ausnahmen. Aber genauso wenig, wie man einen ganzen Baum verstehen muss, um sich eine Banane zu pflücken, ist bei einem Förderprogramm jede Zeile des Kleingedruckten relevant. Es ist empfehlenswert, die Hotline des Fördergebers anzurufen, das eigene Vorhaben zu schildern und sich erklären zu lassen, welche Anträge man wie auszufüllen hat. Außerdem sind häufig Energieberatungen Bedingung für die Förderung. Und dabei können die Energieberater auch gleich viele Förderformalitäten übernehmen. Einige Programme für die energetische Sanierung setzen auch eine Vor-Ort-Energieberatung voraus. Das sog. Effizienzexperten-Verzeichnis (www.energieeffizienz-experten.de) listet die Berater auf, die im Sinne von KfW und BAFA als förderfähig gelten. Und ob Bedingungen oder nicht: Eine Energieberatung am besten direkt am Gebäude ist so gut wie immer empfehlenswert, wenn energetisch modernisiert werden soll.

Beim weiteren Vorgehen ist insbesondere die Reihenfolge zu beachten: Viele Förderprogramme verstehen sich als „Anschubfinanzierung“. Nach deren Logik ist keine Unterstützung notwendig, wenn eine Maßnahme bereits läuft, also beispielsweise Material bestellt oder Handwerker beauftragt wurden. Außerdem ist wichtig, wer die Maßnahme ausführen darf. Einige Programme bestehen nämlich auf Profiarbeiten und schließen Eigenleistungen explizit aus. Insbesondere bei einigen Dämmmaßnahmen ist das der Fall. Und das ergibt auch Sinn, denn eine schlecht installierte Dämmung kann zu Schimmelbildung und sogar Brandgefahr führen – ganz abgesehen davon, dass sie so wenig fürs Heizenergiesparen bringt.

Bundesförderung für effiziente Gebäude

Alle Förderoptionen für die energetische Gebäudesanierung können hier nicht vorgestellt werden – aber die wichtigste: Seit dem 1. Juli 2021 gilt die zweite Stufe der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG). Hier sind bis zu 5 % Zuschuss vom Staat möglich – eine sehr lukrative Finanzierungsoption also. Die neue Bundesförderung fasst verschiedene Programme zusammen:

  • das Gebäudesanierungsprogramm „Energieeffizient Bauen und Sanieren“ – umgesetzt durch die KfW
  • das Marktanreizprogramm „MAP“, zu dem auch das Förderprogramm „Heizen mit erneuerbaren Energien“ zählt – umgesetzt durch das BAFA
  • das Anreizprogramm Energieeffizienz (APEE) – umgesetzt durch das BAFA
  • das Heizungsoptimierungsprogramm (HZO) – umgesetzt durch das BAFA

Gefördert werden u. a. Maßnahmen wie der Heizungstausch und die Installation von Dämmungen und Lüftungstechnik. Mehr Fördergeld steht außerdem für erneuerbare Energien bereit.

Von Dämmung über Heizung bis zur Lüftung: Einen Überblick über alle wichtigen Maßnahmen der energetischen Modernisierung von Mehrfamilienhäusern gibt die Kampagne „WEG der Zukunft“: www.wegderzukunft.de/massnahmen.

Die Förderhöhe der BEG ist gestaffelt: 20 % gibt es für Einzelmaßnahmen wie der Dämmung, 20 bis 50 % für neue Heizungen und 30 bis 55 % fürs Sanieren zum Standard „KfW-Effizienzhaus“. Eine Energieberatung ist dabei nicht immer Pflicht – aber empfehlenswert. Außerdem wird auch sie gefördert: So übernimmt das BAFA bei der Energieberatung vor Ort bis zu 80 % der Kosten.

Ebenfalls zu empfehlen ist für die Bundesförderung, bei den Angeboten für Material und Montage auf lange Gültigkeit zu achten. Vor dem Beantragen sind nämlich Angebote von Fachfirmen einzuholen, und bis zur Zusage der Förderung kann es mehrere Wochen dauern. Deswegen sollten die Angebote möglichst lange gültig sein. Der Auftrag darf erst nach Zusage der Förderung erteilt werden.

Überblick über die Förderung von Heizungsanlagen
Abbildung: co2online.de

Der Antragsprozess bei der BEG

Je nach energetischer Maßnahme muss der Antrag auf Fördermittel beim BAFA oder bei der KfW gestellt werden. Wichtig: Der Antrag ist immer vor der Beauftragung zu stellen, bei der KfW ist die Einbindung eines Energieeffizienz-Experten Pflicht.

Die BAFA-Zuschüsse für Einzelmaßnahmen werden online auf der Website des BAFA gestellt. Dazu werden Kostenvoranschläge für die Leistungen benötigt, die gefördert werden sollen. Die angegebenen Kosten sind die Grundlage für den späteren Zuwendungsbescheid und lassen sich nicht mehr nach oben korrigieren. Nach Erhalt der Eingangsbestätigung kann die Umsetzung der Maßnahmen starten – allerdings noch auf eigenes Risiko, denn die Förderzusage ist ja noch nicht getroffen worden. Im finalen Zuwendungsbescheid ist dann der Bewilligungszeitraum festgelegt, bis zu dessen Ende die Maßnahmen umzusetzen sind. Für einen Kredit der KfW ist ein Finanzierungspartner nötig, also beispielsweise die Hausbank. Auch hier sind Angebote einzuholen. Am günstigsten ist meist eine Kombination aus KfW-Kredit und Ergänzungskredit des Finanzierungspartners. Vergleichen lohnt sich hier. Der Finanzierungspartner stellt dann den KfW-Förderantrag. Einen Antrag auf Investitionszuschuss stellt der Fördernehmer selbst online auf dem KfW-Zuschussportal oder sendet ihn per Post an die KfW. Die KfW prüft den Antrag und gibt die Förderzusage, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.

Auch wenn die Einführung der Bundesförderung für effiziente Gebäude vieles einfacher macht: Förderprogramme und Finanzierungsmöglichkeiten bleiben ein Dschungel. Das BEG bildet zwar die mit Abstand wichtigste Förderoption – aber insbesondere die Programme der Länder und Kommunen sind weiterhin relevant. So bleibt es dabei: Die Förderung und Finanzierung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen sind eine Expedition wert.

co2online
co2online setzt sich dafür ein, den klimaschädlichen CO²-Ausstoß zu senken. Seit 2003 helfen die Energieund Kommunikationsexperten Bürgern, Kommunen und Unternehmen, den Strom- und Heizenergieverbrauch zu reduzieren. Unterstützt wird co2online von der Europäischen Kommission, dem Bundesumweltministerium sowie Partnern aus Medien, Wissenschaft und Wirtschaft.

www.co2online.de

WEG der Zukunft
„WEG der Zukunft“ unterstützt Wohnungseigentümergemeinschaften beim energetischen Sanieren. Dazu werden Informations- und Beratungsangebote für Verbraucher, Verwaltungen, Fachleute und Verbände bereitgestellt. Die Kampagne wird durchgeführt von Energieagentur Regio Freiburg, Klimaschutzagentur Region Hannover, Metropolregion Rhein-Neckar, Bremer Energie-Konsens und co2online. Gefördert wird „WEG der Zukunft“ vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative.

www.wegderzukunft.de

Der Autor


Stefan Heimann
Stefan Heimann arbeitet seit 2010 als Redakteur bei co2online. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Gebäudedämmung, Lüftungstechnik und Solaranlagen, und auch die Modernisierungsförderung gehört dazu.

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