Im Gespräch mit Ivan Kosarev: Quartiersgaragen

Im Gespräch mit Ivan Kosarev: Quartiersgaragen

Im Gespräch mit Ivan Kosarev

Im Gespräch mit Ivan Kosarev: Quartiersgaragen

Foto (Header): © LK ARGUS

FOTO: LK ARGUS

Stellplätze können ein gewichtiger Kostenbestandteil im Wohnungsbau sein. In neuen Stadtquartieren bietet sich die Möglichkeit, privaten Parkraum in Quartiersgaragen zu bündeln. Welche Vorteile das hat und wie die Finanzierung und der Betrieb bewerkstelligt werden können, erklärt Ivan Kosarev, Geschäftsführer der LK Argus GmbH.

Auszug aus:

Herr Kosarev, warum ergibt es Sinn, Stellplatzflächen in Quartiersgaragen zu bündeln?

Das Verkehrsverhalten und die Mobilitätsformen wandeln sich nicht nur in den Metropolregionen rasant. Begriffe wie „Verkehrswende“ und „innovative Mobilitätskonzepte“ sind salonfähig, aber sie werden häufig auch mit Restriktionen und dem Verzicht auf den eigenen Pkw assoziiert. Eingebettet in solche Konzepte bieten Quartiersgaragen die Chance, neue Mobilitätsformen in Ergänzung zum Pkw zu etablieren. Zudem bringen sie den Investoren ganz klare wirtschaftliche Vorteile durch weniger Stellplätze und Erschließungsflächen im Quartier sowie geringere Wohnkosten durch die Trennung von Wohnen und Parken. Denn die Baukosten für Tiefgaragenstellplätze betragen häufig ein Zehntel der Gesamtkosten im Wohnungsneubau.

Welche Voraussetzungen müssen herrschen, damit Quartiersgaragen angenommen werden und „funktionieren“?

Pkw-Nutzer wünschen sich immer einen Stellplatz „vor der Haustür“. Da die Parkmöglichkeiten auf der Straße in der Regel näher an der Wohnung als eine Parkgarage liegen, ist ein knapp bemessenes Parkraumangebot im Straßenraum eine Grundvoraussetzung für die Akzeptanz von Quartiersgaragen. Eine benutzerfreundliche Gestaltung von Garagen wird oft zugunsten von geringen Investitionskosten vernachlässigt, was sich später im Betrieb durch mangelnde Akzeptanz rächt. Gering geneigte Rampen, breite Stellplätze und Fahrgassen, helle Treppenhäuser und Parkbereiche, transparente Gestaltung und die Vermeidung von dunklen Ecken sind elementar für eine benutzerfreundliche Garage.

Welchen Einfluss hat die individuelle Situation in der jeweiligen Stadt auf die Umsetzung?

Die größten Unterschiede bestehen in den baurechtlichen Vorgaben. Die meisten Städte schreiben eine Mindestzahl an herzustellenden Pkw-Stellplätzen bei Wohnbauvorhaben vor. Die Stellplätze müssen dabei in einem räumlichen Zusammenhang mit dem Baugrundstück stehen und dürfen in der Regel maximal 300 Meter davon entfernt liegen. Diese Vorgaben sind für die Errichtung von Quartiersgaragen hinderlich. Die Bündelung in Quartiersgaragen ist in der Regel ab 250 Stellplätzen verkehrlich und wirtschaftlich sinnvoll, was aber größere Entfernungen und Einzugsbereiche von bis zu 600 Metern erfordert. In Städten ohne Stellplatzvorgaben – wie in Berlin und Hamburg – ist eine Bündelung von Parkraum in Quartiersgaragen grundsätzlich leichter zu realisieren.

Welche Möglichkeiten gibt es für die Finanzierung?

Die typischen Herstellungskosten von oberirdischen Quartiersgaragen liegen je nach Standort und Ausstattungsgrad im Bereich von 6.000 bis 18.000 Euro pro Stellplatz. In Städten mit Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen werden oft Investitionskostenzuschüsse aus Stellplatzablösebeträgen gewährt. Flexible kommunale Stellplatzvorgaben ermöglichen den Investoren, bei der Umsetzung von innovativen Mobilitätskonzepten weniger Stellplätze zu errichten. Mit der Integration einer Quartiersgarage werden dabei Kosten für Tiefgaragen, Erschließungskosten für breitere Straßen und gegebenenfalls weiterer Infrastruktureinrichtungen eingespart, die im Finanzierungskonzept für die Quartiersgarage eingesetzt werden können.

Auf dem Dach dieser Quartiersgarage Park’n’Play in Kopenhagen wurde eine Spiellandschaft untergebracht.
FOTO: LK ARGUS

Wie hängt der Flächenverbrauch mit den Investitionskosten zusammen?

Durch den Einsatz einer Quartiersgarage kann der Flächenverbrauch für Verkehrsflächen, wie z. B. schmalere Wege im Quartier durch geringere Kfz-Belastung, und weniger Stellplätze im Vergleich zum ebenerdigen Parken um bis zu 50 % reduziert werden. Dadurch werden die höheren Baukosten vollständig kompensiert, sodass in der Gesamtbetrachtung der Investitionskosten Projekte mit Quartiersgaragen konventionellen Konzepten mit ebenerdigem Parken um nichts nachstehen.

Wie gewährleistet man auf Dauer einen wirtschaftlichen Betrieb?

Die Grundlagen werden bereits in der Planungsphase geschaffen. Überkapazitäten von Stellplätzen in den Quartiersgaragen sind durch Berücksichtigung von konkurrierenden Angeboten, wie Stellplätze im Straßenraum oder in benachbarten Quartieren, zu vermeiden. Bei oberirdischen Garagen ist die Möglichkeit eines teilweisen Rückbaus oder einer Erweiterung vorzusehen, um auf dauerhafte Nachfrageänderungen reagieren und den wirtschaftlichen Betrieb sichern zu können. In neuen Quartieren bietet sich eine Bündelung der Funktionen des Quartiersmanagements, Mobilitätsdienstleisters und Parkhausbetreibers an.

Das Mobilitätsverhalten der Menschen hat natürlich auch Einfluss auf die zukünftigen Planungen. Welchen Trend sehen Sie hier?

Die Mobilitätsbedürfnisse der Bewohner sollen im Mittelpunkt der künftigen Planungen stehen. Denn mit den Wohnungsbauvorhaben von heute schaffen wir ja die Rahmenbedingungen für das Mobilitätsverhalten in den kommenden Jahrzehnten. Eindeutige Trends zu mehr Aufenthaltsqualität in den öffentlichen Straßenräumen und weniger Lärm- und Luftschadstoffbelastung in den Quartieren gehen mit Tendenzen im Mobilitätsverhalten, insbesondere der jüngeren Bevölkerung, einher. Diese wollen eher weg vom  eigenen Pkw, hin zu alternativen Mobilitätsformen und der Vernetzung von Mobilitätsangeboten. Doch ob sich diese Trends verfestigen werden, lässt sich heute noch nicht sagen. Daher sind wir als Planer angehalten, flexibel anpassbare Lösungen für die Mobilität von morgen zu entwickeln. Quartiersgaragen sind dabei ein geeigneter Baustein für das Parkraummanagement künftiger Quartiere.

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